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Widersprüche und Risiken

Die Unternehmensmeldungen dieser Tage sind teils zum Fürchten, teils nur verblüffend. Und nicht alle der unguten Schlagzeilen sind der herrschenden Krise geschuldet. Der Kaufhauskonzern Hertie, vor nicht allzu langer Zeit erst wiederbelebt, steht vor dem Aus.

BÖRSE am Sonntag

Allerdings scheint es nicht die Krise zu sein, die den Warenhäusern zusetzt – die Kaufzurückhaltung der Deutschen ist nach aktuellen Erhebungen auch nicht viel stärker als sie dies schon vor einem Jahr gewesen ist. Vielmehr sollen die extrem hohen Mieten an den meisten Standorten dafür verantwortlich sein, dass Hertie dichtmacht. Solche Mieten, heißt es, seien mit den Gewinnmargen eines Kaufhauses nicht zu erwirtschaften – womit man eigentlich schon früher hätte rechnen müssen. Gleichzeitig rumort es weiter bei Arcandor. Der Karstadt-Betreiber sucht nach neuen Lösungen, nach einer Idee, wie man eine Zusammenarbeit mit der METRO-Tochter Kaufhof gestalten könnte. Fusion? Oder doch besser nur Kooperation? Am Kernproblem ändert dies zunächst einmal nichts: Die Warenhäuser mit ihrem bunten Sortiment ziehen weniger und weniger Kunden an. Viele fühlen sich in Shopping-Malls und Zentren mit einzelnen Fachgeschäften wohler. Um als Kaufhaus weiterhin alles anbieten zu können, müssen sich Karstadt und Co. nämlich häufig beschränken – gerade die Sortimente in bestimmten Bereichen wirken da oft reichlich eingeschränkt. Es ist auch nicht zu erkennen, wie man den Trend umkehren könnte. Möglicherweise könnte man einzelne Kaufhäuser umbauen und ein Einkaufszentrum daraus machen – mit Ladenpassagen und einer Ansammlung von Fachgeschäften. Wo das technisch möglich ist, kommt aber gleich das nächste Problem: In den Innenstadtlagen gibt es bereits eine große Anzahl von Einzelhändlern und Ketten, die vermutlich kein Interesse hätten, in ein ausgeräumtes Kaufhaus umzuziehen. Es dürfte also bis auf Weiteres dabei bleiben, dass die Innenstadt-Warenhäuser ums Überleben kämpfen, ob mit oder ohne Krise. Etwa 40.000 Insolvenzen soll es im laufenden Jahr geben, so zumindest die Befürchtungen einiger Wirtschaftsverbände. Die wenigsten davon dürften so spektakulär werden wie die Fälle, die bisher auf dem Tisch liegen – aber hinter der Zahl steckt eine explosive Folge: Die Arbeitslosigkeit. Bislang noch hilft die deutsche Kurzarbeiterregelung, das Schlimmste zu vermeiden. Sobald die Krise allerdings ein Jahr alt wird, dürfte dies nicht mehr helfen. Angesichts der Tatsache, dass dies ziemlich genau kurz vor der Bundestagswahl sein dürfte, steht zu befürchten, dass man von seiten der Politik auch Rettungsversuche bei Firmen unternehmen wird, wo dies wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Damit könnte man so manchen Zusammenbruch nur verschleppen. Während man an den Börsen bereits die ersten Lichter am Horizont auszumachen glaubt, steht den Normalbürgern noch die Hauptlast der Krise bevor.