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Griechisches Zockerpapier

Sollte Griechenland aus der Eurozone ausscheiden, könnte es für den Aktienkurs der National Bank of Greece tief nach unten gehen. Obwohl es schon kaum tiefer geht – das einstige griechische Vorzeigepapier ist zum Penny Stock verkommen. Wenn aber alles gutgeht, dann könnte die Gewinnmarge märchenhaftgroß sein.

BÖRSE am Sonntag

Sollte Griechenland aus der Eurozone ausscheiden, könnte es für den Aktienkurs der National Bank of Greece tief nach unten gehen. Obwohl es schon kaum tiefer geht – das einstige griechische Vorzeigepapier ist zum Penny Stock verkommen. Wenn aber alles gutgeht, dann könnte die Gewinnmarge märchenhaftgroß sein.

Griechische Aktien sind derzeit etwas für abgebrühte Zocker – das gilt erst Recht für die Papiere der griechischen Banken. So hat die Ratingagentur Fitch die eingeführten Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland als „begrenzten Zahlungsausfall“ für die vier größten Kreditinstitute des Landes gewertet. Die Bonitätsexperten senkten die Ratings für die Schuldtitel der National Bank of Greece, Alpha Bank, Piraeus Bank sowie der Eurobank auf „Restricted Default“. Das ist die zweitschlechteste Note bei Fitch; die Ratingagentur zeigt damit ein hohes Ausfallrisiko der Kreditinstitute für Einlagen der Gläubiger an. Am bemerkenswertesten ist diese Bewertung dabei logischerweise für die Bank mit der größten Marktkapitalisierung, also die National Bank of Greece (WKN: A1WZMS).

Durch die zwischenzeitlich gestiegene Hoffnung auf eine Einigung zwischen Athen und seinen Geldgebern konnten Bankaktien wieder an Boden gewinnen. Das zeigte insbesondere die Aktie der National Bank of Greece, die innerhalb weniger Tage um fast ein Viertel ihres Wertes in die Höhe schoss. Mitte Juni stand das Papier bei 0,92 Euro, plötzlich notierte es dann bei 1,15 Euro. Nach dem "Nein" beim Referendum am vergangenen Sonntag sind die Zugewinne aber wieder verloren. Anleger, die einen Blick auf diese Aktie riskieren möchten, gehen zugleich eine Wette auf den Verbleib Griechenlands in der Eurozone ein. Wie es um diese Wette steht, lässt sich im übrigen mit einem Blick auf den Chart der Bankaktie klar ablesen. Vor der Finanzkrise von 2008 notierte die National Bank of Greece bei fast 500 Euro – der jetzige Kurs ist schon so etwas wie ein Totalausfall. Die Zuwächse der vergangenen Tage waren vor diesem Hintergrund ein kaum wahrnehmbares Lebenszeichen des anscheinend in Agonie verfallenen Charts.

Hoffnungen können zerplatzen

Da die Europäische Zentralbank (EZB) die Notfallkredite an die griechische Zentralbank nicht erhöht, sondern lediglich das bestehende Volumen aufrecht erhält, scheint es jedoch nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann die National Bank of Greece austrocknet. Experten raten dazu, dass Zocker, die auf eine Lösung im Schuldenstreit und damit steigende Aktienkurse bei allen griechischen Bank spekulieren wollen, auf ein Zerplatzen der Hoffnungen vorbereitet sein sollten.

Die National Bank of Greece (NBG) ist das nach Bilanzsumme und Mitarbeiterzahl größte Kreditinstitut Griechenlands. Das Unternehmen mit Sitz in Athen ist als Universalbank tätig und unterhält bedeutende Tochtergesellschaften in Südosteuropa und der Türkei; das zeichnet sie vor ihren griechischen Mitbewerbern aus. Zu dem Geldinstitut gehören mehr als 24.000 Mitarbeiter, der Jahresumsatz liegt bei 77 Milliarden Euro. Im Verlauf der griechischen Staatsschuldenkrise wurde die Bank mehrheitlich verstaatlicht. Die Aktie der NBG ist im Athex Composite Index an der Athener Börse gelistet. Die 1841 gegründete Bank entwickelte sich im frühen 20. Jahrhundert aus einer Staatsbank zu einer privatwirtschaftlichen Großbank. Mit dem „NBG Historical Archive“ hat die Bank eine Institution, die wissenschaftlich die eigene Geschichte und die Finanzgeschichte Griechenlands aufarbeitet. Darüber hinaus betreut das Institut auch die Kunstsammlung der Unternehmensgruppe.

Wie unsicher der Markt hinsichtlich der Bonität einger griechischen Banken ist, verdeutlicht eine aktuelle Maßnahme der Börse in Luxemburg. Sie hat den Handel mit Anleihen, die von verschiedenen griechischen Banken begeben wurden, vorübergehend ausgesetzt. Wie die Börse mitteilte, sind davon Papiere der Alpha Bank AE, Eurobank Ergasias, National Bank of Greece und Piraeus Bank betroffen. Und doch scheint gerade die National Bank of Greece einen Blick wert. Trotz des äußerst schwierigen Umfelds rechnen Branchenkenner für das Gesamtjahr 2015 mit einem kleinen Gewinn, sozusagen einer „schwarzen Null“. Konkret werden Einnahmen von rund 3,8 Milliarden Euro erwartet, und das Jahr könnte mit einem minimalen Überschuss von 20 Millionen Euro (0,01 Euro je Aktie) enden. Und der Blick auf 2016 macht den Analysten noch mehr Mut. Hier könnten Erträgen in Höhe von 4,1 Milliarden Euro bei einem Überschuss von 560 Millionen Euro (0,15 Euro je Aktie) zu Buchse stehen. Das wäre eine Verfünfzehnfachung des bescheidenen Gewinnes, aber es würde reichen, um den KGV auf sieben zu senken. 

Weil die Griechen aber mit "Nein" gestimmt haben, sind die Aussichten wieder eingetrübt. Was mit der Bilanz, den Volumina, vor allem mit den Banktöchtern in den umliegenden Ländern passiert, wenn das Athener Bankhaus wieder di Drachme aus Hauswährung erhielte – völlig unvorhersehbar. Eine wahrscheinliche Prognose ist indes, dass ein Grexit massiv auf das Konzernergebnis der Großbank drücken würde. Doch auch ein Verbleib in der Eurozone bedeutet keine automatische Sanierung des griechischen Marktes. Die Risiken für die National Bank of Greece würden lediglich in etwa fassbar, blieben aber enorm groß. Nicht zuletzt könnte es auch sein, dass die langfristig heilsamen Sparvorschläge, die dann wohl greifen würden, die Wirtschaft in Griechenland kurzfristig weiter schwächen würden.

Mehrfach, enorm groß und vor allem: voneinander teils abhängig sind die Risiken, denen die Aktie der National Bank of Greece ausgesetzt ist. Nur wenn eine Reihe günstiger Umstände der Reihe nach eintritt, werden theoretisch wieder Kurse wie vor sieben oder acht Jahren möglich. Doch die größte Bank Griechenlands hat in ihren 174 Jahren schon so manches überlebt. Anleger, die bezüglich der Zukunft Griechenlands auch bei dieser Krise extrem optimistisch sind, könnten einige Promille ihres Depots in ein solches Papier stecken. Der Verlust ist, wenn er eintritt, sehr überschaubar. Von einem Euro bis zu Kursen bei 500 beträgt die Gewinnspanne hingegen 50.000 Prozent.