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AmEx-Aktie: Panik im Portemonnaie

American Express steht im Schatten von Visa und Mastercard. Immer öfter ist die AmEx nurmehr in einer hinteren Geldbeuteltasche zu finden. In den letzten Wochen setzten zudem gleich mehrere Hiobsbotschafte die Aktie immens unter Druck. Hat es sich nun ausbezahlt mit der AmEx?

BÖRSE am Sonntag

American Express steht im Schatten von Visa und Mastercard. Immer öfter ist die AmEx nurmehr in einer hinteren Geldbeuteltasche zu finden. In den letzten Wochen setzten zudem gleich mehrere Hiobsbotschafte die Aktie immens unter Druck. Hat es sich nun ausbezahlt mit der AmEx?

Kursverfall beim einst weltweit renommiertesten Kreditkartenemittenten! Die Gründe dafür sind mannigfaltiger Natur. Der wohl größte Einschnitt war eine Entscheidung Großhändlers CostCo vor zwei Wochen. Die in den USA beheimatete Kette kündigte an, den Exklusiv-Vertrag mit der Kreditkartensparte AmEx zum nächsten Jahr aufzukündigen. Prompt rauschte das AmEx-Wertpapier abermals in den Keller. Costco ist nach Walmart der größte Einzelhändler in den Vereinigten Staaten.

Der Konzern mit Sitz in Issaquah bei Seattle hatte im letzten Jahr einen Umsatz von über 112 Milliarden US-Dollar. Wenn Kunden bei Costco mit Kreditkarten bezahlen wollten, war dies bislang ausschließlich mit einer AmEx-Karte möglich. Das soll sich zum April 2016 ändern. Der Schock in der AmEx-Zentrale im Schatten des neuen One World Trade Centers in Manhattan muss groß gewesen sein. Auch die erfolgreiche US-Airline JetBlue beendet demnächst die Partnerschaft mit dem Finanzdienstleister.

Ein weiterer Nackenschlag für das Unternehmen kam jüngst aus dem Justizministerium. Ein Bundesrichter legt dem Finanzdienstleister die Verletzung von amerikanischem Kartellrecht zur Last. Das Verfahren lief schon seit einigen Monaten, jetzt wird es ernst für den Kreditkartenherausgeber. Das Papier von American Express hat 2015 die bisher schlechteste Performance von allen Titeln im Dow Jones hingelegt.

Exklusive Verträge und hohe Gebühren

American Express vereinbart mit vielen Händlern Exklusivverträge, um Käufern in Supermärkten oder Gästen in Restaurants keine andere Option als AmEx zu lassen. Die Gebühren sind bei AmEx zugleich meistens höher als bei der Konkurrenz. Mit diesem Geschäftsmodell sah sich das Unternehmen lange auf der sicheren Seite, um trotz hoher Gebühren Umsätze zu generieren. Genau diese Vereinbarungen bewertete das amerikanische Justizministerium nun als Kartellabsprachen und stürzt American Express damit in eine ernste Krise.

Die vergleichsweise hohen Gebühren bei AmEx-Zahlungen waren bisher ein wesentliches Standbein des Konzerns. Einen Großteil der Kosten, zwischen zwei und vier Prozent Provision, müssen die Händler und nicht die Kartenbesitzer tragen. Dadurch kann AmEx wiederum besonders attraktive Prämien, Gutscheine oder Meilen an die Kartenbesitzer weitergeben. Genau dafür schätzen die Kunden die mit dem Kopf eines römischen Zenturio dekorierte Karte. Für American Express sind die schlechten Nachrichten aus dem US-Justizministerium gerade in der aktuellen Situation besonders bitter.

Denn: Studien zufolge besitzen nur wenige Master- oder Visa-Kartenbesitzer eine AmEx-Karte. Umgekehrt hat aber fast jeder Amerikaner neben einer AmEx-Karte auch eine weitere Kreditkarte im Geldbeutel. Die Position hinter den Marktführern Visa und Mastercard, die zudem noch eng kooperieren, war ohnehin ein schwieriger Branchenplatz. Nun wird das Gelände nochmals rauher.

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Achterbahnfahrt des Aktienkurses

Wer in den letzten Monaten sein Geld in AmEx-Aktien investiert hat, hätte sich ebenso in eine Achterbahn des nächstgelegenen Freizeitparks setzen können. Mit dem Unterschied, dass das verlorene Geld im Spaßpark vermutlich überschaubarer ist. Im letzten Monat hat die American Express-Aktie über sieben Prozent an Wert verloren. Aktuell liegt der Kurs nur noch bei rund 70 Euro. Bei allen Negativschlagzeilen darf man aber nicht außer Acht lassen, dass American Express zu den wertvollsten Marken der Welt gehört. Das amerikanische Marktforschungsinstitut Millward Brown sah AmEx im Jahr 2014 auf Platz 24 der wertvollsten Brands weltweit und schätzt den Markenwert auf 34,4 Milliarden US-Dollar. Mastercard wird mit 39,5 Milliarden, Visa sogar mit 79,2 und US-Dollar geschätzt.

Dem bedeutenden Wert des Unternehmens liegen harte Fakten zugrunde. Das Jahr 2014 war für AmEx trotz aller Nackenschläge sehr erfolgreich: Der operative Gewinn betrug fast 5,9 Milliarden US-Dollar und lag damit um zehn Prozent höher als im Vorjahr. Den Umsatz konnte der Konzern um drei Prozent steigern. Speziell auf dem deutschen Markt gab es bisher Probleme. AmEx-Kreditkarten waren hier seit Jahrzehnten fast so selten wie freilebende Wölfe. Allerdings werden beide, Wölfe und AmEx-Karten, in Deutschland zunehmend häufiger gesichtet. 2014 hatten laut einer Studie der Verbrauchs- und Medienanalyse (VuMA) über zwei Millionen Deutsche die Karte mit dem Zenturio.

Insgesamt klemmten 2014 fast 40 Millionen Kreditkarten in deutschen Geldbörsen. Die Umsätze und Transaktionen mit Kreditkarten steigen jährlich und haben ansprechende Wachstumszahlen, dies auch wegen weiter steigender Online-Einkäufe. Doch wenn die US-Behörden beginnen, Schwierigkeiten zu machen, helfen diese Erfolge nur wenig. Das US-Onlinemagazin Slate titelte in dieser Woche: „Haben Sie eine AmEx in Ihrem Geldbeutel? Ab in den Müll damit!“ Das ist starker Tobak, beschreibt aber die Stimmung. Vergleichbare Maßnahmen auch AmEx-Aktionären zu raten, wäre womöglich voreilig.

Insgesamt ist das Kreditkartengeschäft nach wie vor solide und zudem eines mit guten Wachstumsprognosen, American Express ist eine renommierte Marke mit beachtlichen Marktanteilen und satten Gewinnen. Die Strategie der Exklusivverträge muss nach den jüngsten Rückschlägen überdacht werden, das scheint unumgänglich. Ein tiefes Tal könnte vor den Aktionären von American Express liegen, aber gänzlich abschreiben sollte man den Konzern definitiv noch nicht.

WCW