Apple-Aktie: Wachstum vorbei?
Apples Erfolgsgeschichte ist ohne das iPhone nicht denkbar. Mit der Apple Watch und Apple Music wollen die Kalifornier sich am Markt mit anderen Produkten etablieren. Doch bislang deutet alles darauf hin, dass das gute alte und vor allem das neue iPhone den Umsatz treiben wird – insbesondere zum Jahresende hin. Das ist, genau betrachtet, keine gute Nachricht.

Apples Erfolgsgeschichte ist ohne das iPhone nicht denkbar. Mit der Apple Watch und Apple Music wollen die Kalifornier sich am Markt mit anderen Produkten etablieren. Doch bislang deutet alles darauf hin, dass das gute alte und vor allem das neue iPhone den Umsatz treiben wird – insbesondere zum Jahresende hin. Das ist, genau betrachtet, keine gute Nachricht.
Ist die Apple-Euphorie an den Börsen vorbei? Der Blick auf den historischen Verlauf des Kurscharts zeigt die Erfolgsgeschichte der Kalifornier: In den vergangenen zehn Jahren schoss die Aktie mit einem Plus von 2.370 Prozent durch die Decke. In den vergangenen fünf Jahren gab es einen Zuwachs von 278 Prozent. In den letzten zwölf Monaten war es ein Plus von 60 Prozent. Nur in diesem Jahr läuft die IT-Maschine nicht so wie gewohnt. Seit einigen Monaten kommt der Titel nicht vom Fleck.
Die exorbitanten Kurssprünge der vergangenen Jahre sind besonders einem Produkt zu verdanken, das sich als Verkaufsschlager entwickelt hat: dem iPhone, das es mittlerweile schon in der sechsten Generation gibt (iPhone 6). Apple, das bekannt ist für seine genialen Ideen und seine hohen Gewinnmargen, weiß die Markteinführung der Smartphones zu inszenieren. Immer wenn ein neues Gerät rauskommt, gibt es einen regelrechten Kult. Ums Telefonieren geht es bei dem elektronischen Gerät schon lange nicht mehr. Für viele ist das Handy ein Statussymbol – obwohl andere Hersteller in Sachen Technik und Design längst nachgezogen haben.
Sinkenden Verkaufszahlen in Südkorea
So machte der Hype um das iPhone 6 auch nicht Halt in Südkorea, im Land des größten Konkurrenten (Samsung). Nach der Markteinführung im letzten Jahr hat Apple seinen Marktanteil dort mehr als verfünffacht, vor allem zu Lasten der einheimischen Konkurrenten LG und Samsung. Mit neuen Modellen schlagen diese nun jedoch zurück. So geht der Marktanteil von Apple in Südkorea zurück. Nachdem Apple im Februar und März noch ein Viertel des südkoreanischen Marktes beherrscht hat, ist der Anteil nach der Einführung des Samsung-Flaggschiffs Galaxy S6 im April auf rund 15 Prozent gesunken. Im Mai hat LG zudem sein Konkurrenz-Modell G4 auf den Markt gebracht und Apples Anteil auf 13,4 Prozent gedrückt. Im Juni ist der Wert um weitere 0,3 Prozent zurückgegangen.
Das iPhone könnte für Apple zum Klumpenrisiko werden. Denn das Smartphone-Geschäft macht derzeit fast 70 Prozent der Erlöse aus. Wenn es künftig nicht mehr so gut läuft wie bisher, könnte dies die Anleger vorsichtiger werden lassen. Am 21. Juli dürfte die Lage klarer werden. Dann veröffentlich der Konzern die neuesten Geschäftszahlen. Analysten warnen davor, dass diese nach den beiden erfolgreichen Quartalen „nur“ gut werden und „nicht sehr gut“.
Erfolg der Apple Watch fraglich
Insofern ist aus Investorensicht die Frage berechtigt, welche Zugpferde die Amerikaner noch zu bieten haben. Ob dies die neueste Errungenschaft der Innovationen, die Apple Watch, sein wird, ist mehr als fraglich. Nach der im Frühjahr vom Konzern zelebrierten Markteinführung ist der große Hype noch ausgeblieben. In den USA finden sich immer weniger Käufer. Nach Angaben des im kalifornischen Palo Alto ansässigen Marktbeobachters Slice Intelligence sind die Verkaufszahlen der neuen Apple-Uhr dramatisch eingebrochen. Von 200.000 Exemplaren pro Tag oder 1,5 Millionen in der ersten Woche der Verfügbarkeit im April sei die Zahl der verkauften Uhren in den USA inzwischen auf 20.000 pro Tag gesunken. An manchen Tagen, so der Marktbeobachter, gingen in den USA täglich nur 10.000 Exemplare über die Warentheke. Auch handele es sich bei den verkauften Uhren zu Zwei-Dritteln um die günstigste Sport-Version, die in Amerika für 349 Dollar angeboten wird, während das ausgereiftere und teurere Modell zu 549 Dollar kostet. Weiterhin berichten die Marktbeobachter von Slice Intelligence, dass von dem 10.000 Dollar teuren Gold-Modell weniger als 2.000 Exemplare verkauft worden seien.
Apple selbst hat die Schätzungen noch nicht kommentiert und weigert sich, eigene Verkaufszahlen zu nennen. Das stößt bei Analysten auf Unverständnis. Detail am Rande: Ohne iPhone kann die Apple Watch nicht sonderlich viel. Die High-Tech-Uhr hat keinen GPS-Empfänger, so dass für manche Anwendungen zwingend ein gekoppeltes iPhone nötig wird. Dies sorgt gerade bei Sportlern, die die Uhr als Fitnesstracker verwenden wollen, für Unmut. Die vom Anwender installierten Apps funktionieren am besten, wenn das iPhone in Funkreichweite ist. Die Uhr dient im Grunde nur zur Ein- und Ausgabe von Informationen.
Die Erwartungen an die Apple-Uhr sind dennoch extrem hoch. Die Investmentbank J.P. Morgan geht davon aus, dass Apple allein im ersten Verkaufsjahr 26 Millionen Exemplare der Uhr absetzen wird – fast so viele Uhren, wie die Schweiz jährlich exportiert. Der künftig Erfolg von Apple ist jedoch nicht allein von der Uhr abhängig. So macht der Verkauf mit etwa vier Prozent nur einen kleinen Teil der Gesamterlöse des Konzerns aus.
Keine Pioniere im Streaming-Dienst
Ein anderes Pferd, das Apple ins Rennen geschickt hat, ist der jüngst eingeführte eigene Streaming-Dienst, mit dem der Konzern gegen etablierte Konkurrenten wie Spotify und Deezer in das mobile Musikgeschäft eingestiegen ist. Mit Apple Music können Songs direkt aus dem Internet abgespielt werden. Ob sich Apple gegen die Mitbewerber durchsetzen kann, steht noch in den Sternen. Es wird mit harten Bandagen gekämpft. So will Spotify, derzeit mit mehr als 20 Millionen zahlenden Kunden die derzeitige Nummer eins unter den Musik-Streaming-Anbietern, seine Kunden davon abhalten, Abos über den App Store von Apple zu beziehen. Und bald will offenbar auch Facebook auch ins Streaming-Business einsteigen.
Ob und wie rentabel „Nebenprodukte“ wie Apple Watch und Apple Music werden, ist also noch unklar. So wird der Erfolg des Unternehmens vorerst wieder einmal vom Erfolg der nächsten iPhone-Generation abhängen. Das mobile Telefon könnte zum Evergreen werden – wenn es das nicht schon ist. Und: Weihnachten steht ja fast schon wieder vor der Tür. Laut Medienberichten bereitet sich Apple bereits auf ein Rekordgeschäft mit dem neuen iPhone vor. Der Konzern habe bei Zulieferern 85 bis 90 Millionen Geräte bis Jahresende bestellt, schrieb das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf „informierte Personen“.
Das Weihnachtsgeschäft ist die wichtigste Zeit für Apple.
Im vergangenen Jahr wurden im Schlussquartal 74,5 Millionen iPhones verkauft, und dieses Jahr soll es wieder als gute alte Mobiltelefon mit dem Apfel richten – das klingt nach einem „weiter so“. Und Stillstand ist Rückschritt, gerade in der sich immer schneller drehenden Welt der Technik: Fäulnis für den Aktienkurs, sozusagen. So muss die Frage für Anleger jetzt lauten: wie lange wird der Apfel frisch bleiben? Angebissen ist er ja ohnehin schon. Die iWatch und der Musikdienst könnten die Würmer sein, die schon jetzt im Inneren dieses legendären kalifornischen Obstes nagen.