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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe   Lebensart Gastbeitrag Tod auf Raten: Stirbt das Privatkundengeschäft in Deutschland? Es ist in aller Munde, das bei manchen Banken so unbeliebte, weil ressourcenintensive Privatkundengeschäft. Zwar steht im Zeitalter der Digitalisierung scheinbar überall der Kunde im Mittelpunkt, aber wie schaut es im Privatkundengeschäft der Banken aus? Die von den führenden Instituten bis auf wenige Ausnahmen angekündigte und teilweise schon umgesetzte Abschaffung der kundennahen Betreuung deutet auf ein Sterben auf Raten hin. In den letzten zehn Jahren wurden tausende Filialen geschlossen und bis zum Jahr 2020 könnten bis zu einem Drittel aller Filialen dicht gemacht werden. Diese Kosteneinsparungen sind oftmals verbunden mit dem Ziel der Professionalisierung und Modernisierung des Vertriebsnetzes sowie der Intensivierung des Online-Bankings. Gelingt es damit, das Privatkundengeschäft auf neue, auch von der jungen Generation, den Digital Natives, akzeptierte Füße zu stellen? Viele junge Erwachsene kennen – wenn überhaupt – eine Bankfiliale nur noch von der Kontoeröffnung – danach übernimmt der Geldautomat die Rolle als einziges benötigtes „reales“ Bindeglied. Schon heute werden gerade im Zahlungsverkehr signifikante Anteile des Geschäfts von Dritten erledigt. Und die neueste deutsche Banken-Initiative, unter dem Decknamen „Pay Direkt“ gehandelt, an der nun auch die Sparkassenorganisation teilhaben wird, erscheint wie ein verzweifelter Versuch, die davonziehenden Konkurrenten einzuholen. Mit einem entscheidenden Nachteil: zu spät. Längst ist dort Paypal im Online-Bereich mit einer dominierenden Marktstellung etabliert und beliebt. Aber die gesamte Wertschöpfung Andreas Feiden Gründer und Inhaber der Unternehmensberatung ist in Gefahr von non-Banks gerade an der so wichtigen Schnittstelle zum Kunden angegriffen zu werden. Die Privatkunden suchen verstärkt mit Hilfe des Internets nach Produkten, nach Lösungen und nach Unterstützung. Richtig ist – mindestens für die nächsten Jahre – dass der klassische Privatkunden noch nicht seine klassischen Bankgeschäfte überwiegend im Netz mit Hilfe dritter Anbieter erledigen wird. In keinem der derzeit vielzitierten FinTech-Geschäftsbereiche (den Zahlungsverkehr ausgenommen) erscheinen die Geschäftsdaten als Bedrohung. Das Privatkundengeschäft der Banken und ebenso der Sparkassen ist dauerhaft nur zu retten, indem die Chancen eines smarten Mix aus persönlicher und digitaler Betreuung wahrgenommen werden. Filialschließungen sind derzeit nur auf der Kostenseite eine mögliche Reaktion, aber wo bleiben die agilen, disruptiven Lösungen der Banken im Privatkundenbereich? Es braucht neue, einfache und intuitive Angebote, die den Kunden begeistern – vollkommen egal, ob man die Filiale besucht oder online unterwegs ist. Es ist nicht wie oft vermutet, nur der günstige Preis der online angebotenen Alternativen. Der schleichende, aber kontinuierliche Prozeß, der die noch bestehende Dominanz der Banken und Sparkassen im Privatkundenbereich beenden wird, ist die größte Bedrohung für diese Institute neben der anhaltenden Niedrigzinsphase mit all den bekannten Auswirkungen auf die Ertragssituation des Bankings in Deutschland. Gibt es Lösungen? Die oft genannte Digitalisierung ist nicht der einzige Ansatz, sie muss kombiniert werden mit einer Vereinfachung der Angebote und einer Verknüpfung aller Kundenkontaktpunkte zu einem gesamthaften Betreuungsansatz. Dann, aber nur dann, haben die Privatbanken die Chance, diese Bedrohung als Neuanfang zu nutzen. Andreas Feiden (49) ist Gründer und Inhaber der Unternehmensberatung Finnovativ.de. Er war zuvor Deutschland-Geschäftsführer bei Fidelity und bei der Deutschen Bank. Finnovativ.de 13 BÖRSE am Sonntag · 17/1 5


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