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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe   Denkzeit  Lebensart Kolumne Neue Realitäten für Anleger Die Deutschen sparen nicht zu wenig, sondern falsch! Mittlerweile liegen auf Sparbüchern, Giro- und Tagesgeldkonten rund 1,9 Billionen Euro – das ist zweieinhalb mal mehr, als in Aktien und Investmentfonds zusammen investiert ist. Während diese Risikoaversion in Zeiten auskömmlicher Kapitalmarktzinsen nicht so negativ ins Gewicht fiel – noch im Jahr 2008 wurde Festgeld mit zum Teil mehr als vier Prozent verzinst –ist sie mittlerweile zu einer konkreten Bedrohung für deutsche Privatvermögen geworden. Im derzeitigen Niedrigzinsumfeld lassen sich damit kaum noch positive Realrenditen erzielen. Inflationsbereinigt erzielen viele Anleger tatsächlich sogar Kaufkraftverluste. Die Krux ist: Das Investmentumfeld hat sich in den vergangenen fünf Jahren grundlegend gewandelt – das Anlegerverhalten dagegen kaum. Vielmehr praktizieren viele eine Vogel- Strauß-Taktik: Kopf in den Sand stecken und abwarten – es wird schon wieder werden. Ich halte dieses Verhalten für fatal, denn ich gehe nicht davon aus, dass die Zinsen im Euroraum in den kommenden Jahren spürbar anziehen werden. Anlegern, die weiter nur auf das Sparbuch oder risikoarme, aber niedrig verzinste Anleihen setzen, stehen langfristig schwierige Zeiten bevor. Die möglichen Folgen liegen auf der Hand – etwa für Anleger, die sich in als besonders sicher geltenden und dadurch niedrig verzinsten Bundesanleihen engagieren: Bleibt das Zinsniveau unverändert niedrig, wird das Anlageproblem einfach in die Zukunft verschoben. Zudem vermehrt sich das Kapital in der Zwischenzeit nicht – aus Renditesicht sind das verschenkte Jahre. Steigen die Zinsen dagegen leicht an, könnten die jetzt ins Depot genommenen Anleihen sogar noch an Wert verlieren, da ihre Kurse sinken. Aus Sicht eines Sparbuch-Sparers verhält es sich kaum besser: Bis bei den Zinssätzen zumindest wieder eine eins vor dem Komma steht, dürfte noch einige Zeit vergehen. Diese Risikoaversion ist für die langfristige Anlage, also die Altersvorsorge, aber noch problematischer. So könnten Lebensversicherer in Zukunft vermehrt Probleme bekommen, ihre Renditeversprechen zu erfüllen. Die teils hohen Überschussbeteiligungen der Vergangenheit dürften in den kommenden Jahren dadurch kaum mehr zu erreichen sein. Was also können Anleger tun, um den niedrigen Zinsen zu entkommen? Wenn der bequeme, breite Wanderweg nur noch bergab führt, muss man auf dem Weg zum Gipfel neue, streckenweise auch etwas steinigere Pfade einschlagen. Statt sich also mit Sparbuch, Tagesgeld & Co immer weiter ins Zinstal zu bewegen, gilt es – unter Inkaufnahme höherer Risiken –neue Anlagewege zu entdecken. Das könnten, unter Berücksichtigung eines angemessenen Rendite-Risiko-Profils, derzeit zum Beispiel Immobilien sein. Nach Zahlen der Deutschen Bank lagen zum Beispiel die Mietrenditen deutscher Wohnimmobilien in den vergangenen 25 Jahren im Schnitt stabil um die vier Prozent und höher. Auch Dividendenaktien oder Investment-Grade-Anleihen aus den USA sowie ausgewählten Schwellenländern könnten die Renditelücke schließen. Entscheidend ist neben dem Willen des Anlegers, sich den neuen Realitäten an den Märkten zu stellen, schließlich die genaue Auswahl der konkreten Investments. Für Anleger, die dabei ganz neue Wege beschreiten müssten, könnte sich als Einstiegs- oder Basisinvestment auch aktiv gemanagten Multi-Asset-Fonds anbieten. Dr. Ulrich Stephan Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank 07 BÖRSE am Sonntag · 34/1 5


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