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UNTERNEHMEN  Fonds   ZERTIFIKATE  rohstoffe   Lebensart   AKTIEN & MÄRKTE Eigenkapital zuletzt bei minus 100 Millionen Euro lag. 270 Millionen sind nun wohl mit Holz-Hackschnitzeln in Rauch aufgegangen. Gegen Leibold ermittelt seit Mitte Februar 2016 übrigens auch die Staatsanwaltschaft. „Es geht um den Verdacht der Unterschlagung“, teilte ein Behördensprecher dem NDR mit. German Pellets, das Unternehmen, das scheinbar unaufhaltsam zum Weltmarktführer für Holzpellets aufstieg, ist offenkundig eine Familiensache der Leibolds. Die Firma war, im übertragenen Sinne, auch am Esszimmertisch immer präsent, und die aus Flieden bei Fulda stammenden Leibolds verbanden sogar das Hobby mit dem Geschäft. Da gibt es zum Beispiel die Firma German Horse Pellets. Auf deren Webseite steht zu lesen: „Sie suchen gesunde, natürliche Einstreu? Dann sind Sie hier genau richtig! Mit der Tier-Einstreu von German Horse Pellets liegen Sie genau richtig. Unsere Qualitäts Einstreu wird aus heimischen Nadelhölzern hergestellt, ist extrem saugfähig und nahezu staubfrei. Ob Pferde-Einstreu oder Kleintier-Einstreu – wir liefern Ihnen stets beste Qualität.“ Firma und Hobby, wunderbar vereint Auf der Webseite von German Horse Pellets sind – wie schön! – bunte Bilder aus der Welt des Springreitens zu sehen. Und wer reitet da im firmenfarbenen Fräckchen? Kathrin Leibold, 32, die Tochter des Firmengründers und Chefin der German Horse Pellets – es könnte auch eine ihrer jüngeren Schwestern sein: Leibold, 59, hat sechs Kinder. Der umtriebige Unternehmer ist übrigens, wie der Fuldaer Lokalpresse zu entnehmen ist, in der Region durchaus wohlbekannt, nicht zuletzt durch seine Tätigkeit bei einem ortsansässigen Verlag. Dort habe er sich ab 1975 vom Industriekaufmann bis zum Verlagsleiter in der Hierarchie nach oben gearbeitet. Nach der Wende sei er in Thüringen tätig geworden, in der dortigen Medienlandschaft habe Leibold große Erfolge gefeiert, bevor er 2005 die German Pellets GmbH gründete. Und nun die Pleite. Doch ist nicht alles. Leibold sieht sich mit weiteren Vorwürfen konfrontiert. Der Finanzierer MCF Commodities aus Wien hielt seine Firma auch in den wetterbedingt umsatzschwachen Sommermonaten liquide und bekam dafür Ware, also Holzpellets, überschrieben. Von dieser Ware ist indes ein großer Teil verschwunden, es geht um tonnenweise Holzpellets. Die Wirtschaftswoche, die diese Geschichte recherchiert hat, fragt in ihrer Ausgabe vom 23. Februar: „Wurden die Lager bei German Pellets etwa gar nicht so befüllt, wie nach Wien gemeldet? Oder hat German Pellets das fremde Holz benutzt, um eigene Pellets zu produzieren? Hat German Pellets die fremden Pellets gar im eigenen Namen verkauft und das Geld kassiert?“ Eine gute Nachricht erreicht derzeit lediglich diejenigen, die sich mit einer Hackschnitzel Heizung besehen haben. Der Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV) rechnet trotz der Insolvenz des Unternehmens nicht mit einem Versorgungsengpass in Deutschland. Die Kapazität der deutschen Pelletwerke betrage mehr als drei Millionen Tonnen im Jahr, der Verbrauch dagegen nur zwei Millionen. Eine Frage drängt sich auf: Warum wurde bei German Pellets angesichts dieser Überkapazitäten derart expandiert? Sollte es für diese Frage keine logisch herleitbare Antwort geben, zum Beispiel durch neue und optimistischere Zahlen von internationalen Märkten, dann wäre eine weitere Frage zu stellen: Wurden mit überzogen Anleihen- Emiisionen zu marktunüblich hohen Zinsen die Löcher in einer Bilanz gestopft, die nie ausgeglichen war? Der Winter ist zwar bald vorbei, doch die um ihr Geld bangenden Anleger könnten beim Gedanken an Hackschnitzel aus Holz auf die Assoziation mit dem Schneeball – besser: dem Schneeballsystem – kommen. Derartige Gedankenspiele sind aber nun zunächst Sache der Insolvenzverwalterin, sie werden vielleicht später gerichtsanhängig. Davon aber werden die Käufer von Unternehmensanleihen der German Pellets GmbH ihr Geld auch nicht wiedersehen. sig KUonltuemrnneehmen der Woche 20 BÖRSE am Sonntag · 09/1 6


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