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BÖRSE am Sonntag | Ausgabe 09

AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART Foto: @ beermedia - Fotolia.com Gastbeitrag Alles Trump? Zur neuen gefühlten Realität gehört, dass seit Donald Trumps Wahlsieg die Börsen steigen. Allerdings hat der Aufschwung schon deutlich früher begonnen. 2015 und das erste Halbjahr 2016 waren geprägt durch ein sehr großes Überangebot an Öl und dem daraus resultierenden starken Preisverfall des Rohstoffs. Die Folge waren Unternehmenspleiten und ein deutlicher 20 BÖRSE am Sonntag · 09/17 Rückgang der Investitionstätigkeit. Die Bremsspuren im Ölmarkt konnte man sowohl an der Wirtschaftsleistung in den USA als auch an den Gewinnen der US-Unternehmen sehen. Anleger erlebten eine Bilanzrezession in der die Unternehmensgewinne fünf Quartale in Folge im Vergleich zum Vorjahr sanken. Mit dem Ölpreisanstieg hellte sich auch die Wirtschaftsstimmung auf. Die positive Entwicklung der gesamten US-Wirtschaft wurde nicht mehr durch den Energiesektor belastet. Dann erst kam Trump – es ist also nicht nur „sein“ Aufschwung. Mittlerweile ruhen indes viele Hoffnungen auf der Wirtschaftspolitik Donald Trumps. Der Dreiklang aus Deregulierung der Banken, steigende Infrastrukturinvestitionen des Staates und Steuersenkungen lässt die Aktienkurse steigen. Damit steigt gleichzeitig der Druck, die Markterwartung nicht zu enttäuschen, da sonst Kursverluste drohen. Mindestens zwei weitere Risiken stecken jedoch in Trumps Wirtschaftspolitik. Zum einen könnte sie die ohnehin schon sehr gut laufende Wirtschaft der USA überhitzen. Zum anderen droht immer noch ein stärkerer Protektionismus, und dieser würde Deutschland sehr stark treffen. Selbst Chinas Volkswirtschaft hängt mittlerweile weniger vom Export ab als Deutschland. Die USA vereinigen aktuell sehr viel mediale Aufmerksamkeit auf sich. Nicht nur wegen der bevorstehenden Wahlen und den damit verbundenen politischen Risiken lohnt sich ein Blick nach Europa. In Italien schlagen sich die Banken mit einem Anteil von 18 Prozent fauler Kredite am Gesamtvolumen herum. In den USA beträgt dieser Anteil nur 1,5 Prozent. Damit wird klar, dass die US-Banken deutlich mehr Spielraum bei der Kreditvergabe haben und die niedrigen Leitzinsen in Form günstiger Kredite weitergeben können. Derzeit befindet sich Italien jedoch in puncto Bereinigung der Bankbilanzen auf einem guten Weg. Zudem notieren europäische Aktien aktuell mit einem hohen Bewertungsabschlag gegenüber den Werten aus den USA. Wer Aktien sucht, die bei wachsenden Handelshemmnissen eher besser abschneiden sollten, wird in den asiatischen Schwellenländern und bei den kleinen Unternehmen in den USA fündig. In Asien schreitet die wirtschaftliche Integration in der Region voran, damit sinkt die Abhängigkeit von den USA und Europa. Kleine Unternehmen in den USA, die vor allem für den heimischen Markt produzieren, könnten die Gewinner einer Abschottung der US-Märkte gegen Importe sein. Dagegen dürften die Zinsen zumindest in den USA weiter steigen. Ausläufer dieser Entwicklung dürften auch die Unternehmens- und Staatsanleihen in Europa treffen. Das Verlustrisiko hat bei den Anleihen damit deutlich zugenommen. Wer Aktien wegen zu hoher Bewertung meidet, sollte erst recht die Finger von Anleihen aus den Industriestaaten lassen. Stefan Maly Head of Department Global Financial Advice bei der Consorsbank


BÖRSE am Sonntag | Ausgabe 09
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