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BÖRSE am Sonntag | Ausgabe 48

AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART BÖRSE am Sonntag: Aber da müssten Sie doch schnellstens tätig werden? Walthes: Zunächst warten wir noch gespannt, welche Parteien die künftige Regierung stellen werden. Danach werden wir unsere Positionen einbringen. Auf Bundesebene geschieht das über unsere Verbände, den GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft), VöV (Verband der öffentlichen Versicherer) und BÖRSE am Sonntag · 48/17 Interview 19 über den Verband der privaten Krankenversicherer. BÖRSE am Sonntag: Wie steht es angesichts der aktuellen Niedrigzinspolitik und der stetig sinkenden Überschüsse um die klassischen Geschäftsbereiche der Versicherer? Welchen Einfluss hat die derzeitige Lage der Finanzmärkte auf die Branche Walthes: In den vergangenen Wochen war in vielen Medien zu lesen, dass einige Versicherer in Deutschland über den Verkauf ihrer Lebensversicherungsbestände oder das Einstellen des Neugeschäfts in der Lebensversicherung nachdenken. Dies hat vermehrt auch die Politik auf den Plan gerufen. Sie sieht in dem beabsichtigten Vorgehen die Gefahr, dass Kunden und Bürger, die für ihr Alter vorsorgen wollen, kein Vertrauen mehr in die Lebensversicherung haben. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion kündigte deshalb an, in dieser Wahlperiode die Bestandsübertragungen zu einem Regulierungsthema zu machen. BÖRSE am Sonntag: Welche „Trends“ und Tendenzen sehen Sie hier für das Jahr 2018? Walthes: Im Konzern Versicherungskammer bekennen wir uns mit unseren drei Lebensversicherungsgesellschaften Bayern Lebensversicherung, Saarland Lebensversicherung und Öffentliche Lebensversicherung Berlin Brandenburg, eindeutig und unmissverständlich zur Lebensversicherung. Wir stehen zu den Zusagen gegenüber unseren Kunden und werden weiterhin Lebens- und Rentenversicherungen anbieten. Einen Verkauf der Bestände schließe ich definitiv aus. Unser aktuelles Produktportfolio ist kundenorientiert und wettbewerbsfähig. Bereits heute wird mehr als 70 Prozent des Neugeschäfts in kapitalmarktnahe Produkte vermittelt, was zeigt, dass wir damit am Markt äußerst erfolgreich sind. Und es bestätigt zugleich, dass unsere Kunden Altersvorsorgeprodukte weiter nachfragen und dabei die Sicherheit und Solidität des größten öffentlichen Versicherers schätzen. BÖRSE am Sonntag: Regelmäßig wird die Forderung nach einer „einheitlichen“ Krankenversicherung laut. Ist es aber nicht gerade das duale System aus privaten Krankenversicherern und gesetzlichen Kassen, das den langfristigen Erfolg für das deutsche Gesundheitssystem garantiert und den Versicherten insgesamt am meisten Nutzen beschert? Walthes: In der Tat, genauso ist es. Die Bürgerversicherung ist eine geniale Wortschöpfung, die aber nicht halten wird, was man sich von ihr erhofft. Mir ist nach wie vor unklar, warum ein Gesundheitssystem, das 90 Prozent der Bevölkerung umfasst, mit 100 Prozent besser funktionieren sollte. Auch die politischen Entscheidungsträger müssen letztlich ökonomisch vernünftig entscheiden und handeln. Denn dass unser Gesundheitssystem eines der besten weltweit ist, verdanken wir unserer Dualität. Gerade der Wettbewerb zwischen Gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und Privater Krankenversicherung (PKV) garantiert das hohe Versorgungsniveau – auch und gerade für die gesetzlich Versicherten. Die Themen, die in der Gesundheitsversorgung angegangen werden müssen, sind zum Beispiel die Personalsituation im ambulanten oder stationären Pflegebereich oder die bundesweite Vernetzung der Ärzte. Das lässt sich mit einer Einheitsversicherung nicht lösen. BÖRSE am Sonntag: Dass die Privaten Krankenversicherungen auch nützlich für das Gemeinwohl sind, scheint nicht überall bedacht zu werden… Walthes: Fakt ist: Die PKV trägt erheblich zum hohen Standard der deutschen Gesundheitsversorgung bei. Während sich ihr Versichertenanteil in der deutschen Bevölkerung auf zehn Prozent beläuft, liegt ihr Finanzierungsanteil im deutschen Gesundheitswesen bei 20 Prozent. Damit fließen dem deutschen Gesundheitssystem jährlich über zwölf Milliarden Euro zusätzlich zu. Von diesen Mehrumsätzen finanzieren Ärzte und Krankenhäuser ihre


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