AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Ortsnetze können durch intelligente Steuerung rund 35 Prozent
mehr Strom aus lokal erzeugter, erneuerbarer Energie aufnehmen.
Durch die bessere Nutzung vorhandener Netze kann ihr Ausbau
reduziert werden. Mehr Köpfchen statt Kupfer also.
Der „Smart Operator“, halb so groß wie ein Schuhkarton, arbeitet
als autonome Steuerungseinheit im Ortsnetz und stimmt Stromangebot
und -nachfrage aufeinander ab, in dem er den Verbrauch in
Zeiten mit hoher Erzeugung verschiebt. Neben intelligenter Netztechnik
kamen auch über 50 intelligente Geräte in den Haushalten
der Bürger zum Einsatz: Waschmaschine, Geschirrspülmaschinen,
Wäschetrockner, Batteriespeicher, Wärmepumpen und Ladeboxen
für Elektroautos sowie 160 Smart Meter. Dies machte das Projekt
zu einer der umfassendsten Smart-Grid-Installationen überhaupt.
Der selbstständig arbeitende „Smart Operator“ verteilte Ladezeiten
von Elektroautos und Batteriespeichern oder startete die intelligente
Waschmaschine erst dann, wenn viel Sonnenenergie vor Ort
erzeugt wurde. Anhand von Wetterprognosen konnte er vorhersagen,
wie viel Strom durch die Photovoltaikanlagen eingespeist
werden würde. Durch intelligente Zähler in den teilnehmenden
Haushalten kannte er außerdem den voraussichtlichen Verbrauch
in der Testsiedlung. Daraufhin stimmte er den Stromverbrauch
intelligenter Bausteine und Speichermöglichkeiten auf die Erzeugung
BÖRSE am Sonntag · 23/18
Standortbestimmung
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ab und brachte sie in Einklang.
Der Stromüberschuss wurde auf diese Weise um bis zu einem Drittel reduziert
und musste demnach nicht über das regionale Mittelspannungsnetz
abtransportiert werden – eine enorme Entlastung für die Netze.
Das Beispiel zeigt: Forschung und Entwicklung von Smart Grids
schreiten rasant voran. Allein: Noch tragen die Verteilnetzbetreiber
die Verantwortung auf eigenen Schultern. An dieser Stelle ist
nun die Politik gefragt.
Die energiepolitischen Positionen des Koalitionsvertrages sind aus
unserer Sicht positiv zu bewerten. Die Parteien haben sich auf eine
Reihe wichtiger energiepolitischer Leitlinien und Maßnahmen verständigt.
Erstmals erkennen CDU, CSU und SPD die Schlüsselrolle
und die zunehmende Verantwortung der Verteilnetzbetreiber.
Ausbau und Modernisierung der Energienetze sollen vorangetrieben
und ökonomische Anreize für eine Optimierung der Netze
gesetzt werden. So soll der Regulierungsrahmen weiterentwickelt
werden, um Investitionen in intelligente Lösungen zu ermöglichen.
Doch das kann nur der erste Schritt sein, denn die konkrete Ausgestaltung
lässt der Koalitionsvertrag noch offen. Die rechtlichen
und regulatorischen Rahmenbedingungen müssen jetzt angepasst
werden, damit die Energiewende an Tempo und Dynamik gewinnt.
Die Regulierung muss Netzbetreibern die Möglichkeit bieten,
in intelligente Technologien zu investieren. Nur so können die
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