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Unruhe in USA, Unruhe bei weltweiten Anlegern
Von dem geradezu explosionsartigen Anstieg der Volatilität Anfang
Februar haben sich die Märkte bis heute nicht komplett erholt.
Zwar fanden im Nachgang des 5. Februar die Kursschwankungen
bald zu einem gemäßigteren Niveau zurück, die Grundstimmung
erhöhter Wachsamkeit blieb jedoch. Und so war es kein Wunder,
dass Anfang März weitere besorgniserregende Nachrichten aus den
USA die Investoren erneut in Deckung zwangen.
Der Rücktritt von Wirtschaftsberater Gary Cohn, einer der wenigen
besonnenen Stimmen im Umfeld des US-Präsidenten, und
Trumps anschließende Handelskrieg-Rhetorik brachten die Aktienkurse
wieder unter Beschuss, diesmal mit der Sorge um das
globale Wachstum als Auslöser. Denn, so die Logik der Marktteilnehmer,
wenn eine zunehmend protektionistische Haltung seitens
der USA den Handel dämpft, können weltweit Unternehmen
nicht mehr so üppig verdienen. Dann sehen die gegenwärtigen
Bewertungen ambitioniert aus. Die Unsicherheit, gerade um die
künftigen Handelsbeziehungen zwischen den USA und China sowie
die Konsequenzen für den Welthandel insgesamt, liegt seitdem
wie Mehltau auf den Märkten.
Lerneffekte
Das, was dieses Finanzmarktjahr seit seinem Beginn im Vergleich
zum Vorjahr so anders macht, und ganz besonders die Ursachen dieser
Klimaveränderung, führt uns zu einer Reihe interessanter Lerneffekte.
1 Erstens sehen wir nun, dass Politik sehr wohl eine Bedeutung
besitzt und die gelegentlich geäußerte Einschätzung, Ereignisse
BÖRSE am Sonntag · 23/18
Gastbeitrag
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wie Brexit oder Trump-Wahl seien in Zeiten starker Fundamentaldaten
nicht mehr so bedeutsam, vermutlich voreilig war. Die Erfahrungen
der letzten Monate zeigen zumindest, wie disruptiv das
Verhalten eines volkswirtschaftlich unbedarften US-Präsidenten
selbst in einem ökonomisch sehr robusten Umfeld sein kann.
2 Und das führt uns zu Lerneffekt Nummer zwei. Sowohl die
Verunsicherung im Februar, nämlich Angst vor Überhitzung und
schneller steigenden Zinsen, als auch jene im März, Sorgen um
einen Handelskrieg und verheerende Folgen für Wachstum und
Gewinne, hatten ihren Ursprung in Donald Trumps hypernervösem
Twitter-Daumen. Die Einschätzung davon, wie vermutlich die
nächsten Monate und Quartale verlaufen werden, hängt also sehr
wohl von der Politik ab, speziell jener in den USA.
3 Und damit sind wir beim dritten und vielleicht wichtigsten
Lerneffekt: Auch 2018 hat uns der Markt wieder bewiesen, dass
wir bei weitem nicht alles wissen. Kaum jemand hatte wohl damit
gerechnet, dass die Volatilität so schnell und sprunghaft zurückkehren
würde. Genauso verblüffend war es wohl für viele (uns
eingeschlossen), dass ausgerechnet der irrlichternde US-Präsident
die Ursache sein würde, und das gleich mehrmals. Wenn wir nun
also überlegen, was dies für den Rest des Jahres bedeutet, so liegt
es nahe, Trump nicht weiter zu unterschätzen. Die gute Nachricht
ist, dass beim Handelskonflikt mit China vieles für eine Verhandlungslösung
spricht. Wachstum und Gewinne dürften daher nicht
in so unmittelbarer Gefahr sein wie zuletzt befürchtet. Höhere Aktienkurse
Richtung Jahresende sind damit weiter wahrscheinlich,
die Risiken jedoch haben spürbar zugenommen.
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