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Bald ist wieder Fußballweltmeisterschaft. Am 14. Juni, um 17
Uhr mitteleuropäischer Zeit, wird mit dem Spiel des Gastgebers
Russland gegen Saudi-Arabien angepfiffen, Deutschland greift drei
Tage später gegen Mexiko in das Turnier ein. Gar nicht eingreifen
wird in diesem Jahr aber Italien. Die Azzurri scheiterten spektakulär
in der Qualifikation. Damit steht bereits im Vorhinein fest:
Zum ewigen Duell Deutschland gegen Italien wird es 2018 nicht
kommen. Für die Mannschaft um Trainer Joachim Löw vielleicht
gar nicht schlecht, denn mit gefühlter Regelmäßigkeit war es Italien,
das der DFB-Auswahl das entscheidende Bein auf dem Weg
in Richtung Titel stellte.
So ganz ohne eine umkämpfte Auseinandersetzung mit dem großen
Rivalen scheinen sie in Italien das WM-Jahr aber offenkundig
nicht auslaufen lassen zu wollen. Und so verlagert sich der Kampf
gegen Deutschland dieser Tage von der sportlichen auf die politische
Ebene, was ihn ganz bestimmt nicht weniger spannend
macht. Vor allem auch, da es freilich nicht nur ein Kampf gegen
Deutschland ist, es ist einer gegen Brüssel, gegen die EU und gegen
den Euro. Einer gegen das Establishment und gegen europäische
Bevormundung. Aus nachvollziehbaren Gründen spielt dabei
Deutschland die mahnende Instanz, pocht vergleichsweise strikt
und streng auf die Einhaltung beschlossener Regeln.
In Italien haben genau das immer mehr Menschen satt. „Wir müssen
entscheiden, ob über die italienischen Regierungen die Wähler
entscheiden oder die Ratingagenturen und Deutschland.“, machte
der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, seinem Ärger
Luft.
Sucht Italien einen Sonderweg?
Das Vertrauen in die EU und ganz besonders den Euro als gemeinsame
Währung ist längst großer Ernüchterung gewichen. Zu
groß scheinen die Probleme, zu klein – ja, kaum sichtbar! – die Lösungen.
Die Profiteure heißen Lega und Fünf-Sterne-Bewegung.
BÖRSE am Sonntag · 23/18
Finanzkrise
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Rechts- und Linkspopulisten also. Beide in hohem Maße euro-
und europakritisch. Nach langem Hin und Her kündigten sie
nach der Wahl Anfang März an koalieren zu wollen. Die einende
EU-Skepsis, sie bringt in Italien nun also schon linken und rechten
Rand zusammen. Deutlicher kann der bedrohliche Zustand
der Europäischen Union wohl kaum abgebildet werden.
War der erste Versuch eines Bündnisses von Lega und Fünf-
Sterne-Bewegung noch gescheitert, da Staatspräsident Sergio
Mattarella den vorgeschlagenen Finanzminister ablehnte,
konnte man sich inzwischen einigen und der italienische Populismus
darf die Macht ergreifen. An der Börse wurde dies den
Kursen nach immer noch besser aufgenommen, als gar keine
Regierung, was wohl die progrediente „Chaotisierung“ eines
ohnehin schon vorherrschenden Chaos bedeutet hätte.
Und das hätte die Anti-Europa-Stimmung in dem Lang vielleicht
noch mehr angeheizt. Die Rechtpopulisten der Lega
konnten in Umfragen seit der Wahl bereits bis zu zehn Prozentpunkte
hinzugewinnen. Bei Neuwahlen hätten sie so deutlich
stärkste Kraft werden können. Aber auch so bleiben für Italien
und damit euch die EU derzeit vor allem Chaos und Unsicherheit
übrig. „Das Gespenst einer nächsten Euro-Krise macht die
Runde", bringt es Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker
CMC Markets metaphorisch auf den Punkt.
Was befürchten die Marktteilnehmer?
Vorletzte Woche Dienstag fiel nicht nur der Euro auf den tiefsten
Stand seit dem Sommer letzten Jahres, auch die Rendite
italienischer Staatsanleihen legte kräftig zu. Die der zweijährigen
Variante beispielsweise stieg auf 2,5 Prozent und lag damit
so hoch wie zuletzt 2012. Zum Vergleich: In Deutschland
liegt sie bei minus 0,76 Prozent. Italienische Staatsbonds mit
zehnjähriger Laufzeit erreichten mit über drei Prozent Rendite
den höchsten Stand seit 2014. Seit der Wahl am 4. März stieg
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