AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Die
Nahrungsmittelindustrie im
Umbruch
Die Wachstumsraten der großen Lebensmittelkonzerne konnten zuletzt nur wenig
überzeugen. Das lag im Wesentlichen an der vorherrschenden Absatzschwäche in Nordamerika
und Europa. Wachstumsstarke Nischen stehen jedoch bei Unternehmen und
Anleger, die sich bevorzugt auf den Bereich
der Lebensmittel engagieren, könnten
unruhige Zeiten vor sich haben.
Einerseits bremsen rückläufige Geburtenraten
das Trendwachstum. Andererseits
führen die Konsolidierungswelle im
Lebensmittelhandel und die zunehmende
Verbreitung von Handelsmarken zu einem
anhaltenden Preisdruck. Erschwerend
kommt der aggressive Marktauftritt
eines namhaften e-Commerce Anbieters
hinzu, der den Nahrungsmittellieferanten
weitere Preiszugeständnisse abverlangt.
Lange Zeit konnten die weltweit
agierenden Lebensmittelproduzenten
dies teilweise durch ihre Expansion in
Asien oder Südamerika kompensieren.
Aufgrund politischer Instabilität wie in
Brasilien, ungünstigen Währungsentwicklungen
wie in Argentinien und der
Türkei, höheren Verbrauchssteuern wie
in Indien oder auf den Philippinen nehmen
nun aber auch hier die Zuwachsraten
ab.
BÖRSE am Sonntag · 23/18
Gastbeitrag
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Entsprechend steigt der Druck auf die Nahrungsmittelunternehmen,
sich ebenfalls vermehrt auf die wenigen wachstumsstarken
Nischen im Lebensmittelmarkt zu konzentrieren. An
erster Stelle ist hier der Markt für biologisch erzeugte Lebensmittel
zu nennen. Während anfangs das Bioangebot außerhalb
des Fachhandels hauptsächlich aus Frischeprodukten wie Eier,
Milch und Obst bestand, gewinnen nun auch Bio-Fertigprodukte
massiv an Bedeutung. Entsprechend wächst der Markt
für Bioprodukte um etwa zehn Prozent pro Jahr.
Die etablierten Supermarktketten widmen sich ebenfalls zunehmend
dem Thema „Bio“. So hat beispielsweise einer der größten
Lebensmittelhändler Frankreichs jüngst angekündigt, sein Bio-
Angebot bis 2022 fast verfünffachen zu wollen, fünf Milliarden
Euro Umsatzvolumen sind angepeilt. Damit würde die Sparte
zweifelsohne ihr bisheriges Nischendasein ablegen. Diese Entwicklung
setzt natürlich auch eine deutliche Ausweitung der
Bio-Anbauflächen voraus. Hier kann mit einer ökologisch genutzten
Fläche von 27,15 Millionen Hektar interessanterweise
Australien bisher die größten Erfolge verbuchen, in erster Linie
dank einer stark ausgeweiteten Bio-Fleischproduktion. Die zunehmende
Verbreitung von spezifischen Allergien hat ferner in
den letzten Jahren eine ganz neue Produktkategorie geschaffen,
das sogenannte „Frei von …“-Sortiment.
Investoren hoch im Kurs.
Jörg Dehning
Erstanalyst des Sektors
Food & Beverage bei der
DJE Kapital AG sowie
Fondsmanager des DJE –
Agrar & Ernährung