UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART AKTIEN & MÄRKTE – und das ganz bestimmt nicht unbegründet – fragen, ob dieser
Deal seine 63 Milliarden Dollar tatsächlich wert ist. Überhaupt
sind inzwischen erstaunlich viele Fragezeichen aufgetaucht.
Zum einen wären da die hohen Zugeständnisse, die die Wettbewerbshüter
weltweit von Bayer einforderten, um letztlich ihr
„Okay“ für den Deal zu geben. Bayer ist in mehr als 30 Ländern
aktiv, kein Wunder also, dass aus dem Einholen von Genehmigungen
ein langes und schmerzhaftes Tauziehen wurde. Allein die EU
verlangte von Bayer sich sowohl von seinem Gemüse- und Feldsaatgutgeschäft
als auch dem „Glufosinat-Ammonium“-Bereich
und seinen Digital-Farming-Aktivitäten zu trennen. Gemeinsam
mit den US-Forderungen gehen insgesamt Geschäfte im Wert von
neun Milliarden Dollar an BASF. Im Grunde muss der Konzern
sein gesamtes Saatgutgeschäft abgeben, positive Synergieeffekte
können hier also keine mehr entstehen.
Hinzu kommt der Verkauf von Covestro-Anteilen, der nötig war,
um den Monsanto-Deal finanzieren zu können. Langfristig will
man sich komplett von der ehemaligen Tochter trennen. Dabei
laufen die Geschäfte bei dem Kunststoffspezialisten blendend. Ein
Umsatz- und Gewinnrekord jagt den nächsten. Mit Monsanto
BÖRSE am Sonntag · 23/18
Unternehmen der Woche
46
dagegen übernimmt man eine ganze Menge Schulden, Risiken
und ein ziemlich miserables Image. Zwar hat man in Leverkusen
eilig angekündigt, den Namen Monsanto nicht übernehmen
zu wollen. Doch die Namen Glyphosat und die Diskussionen um
genveränderte Pflanzen bleiben als alter Ballast an Bord – und nun
muss sich eben Bayer damit auseinandersetzen.
Zum operativen Ergebnis derweil soll der US-Konzern ab 2022
„nur“ noch 1,2 Milliarden Dollar beitragen und nicht mehr – wie
ursprünglich geplant – 1,5 Milliarden. Und im ersten Quartal
2018 musste die Konzernmutter in Leverkusen im Bereich „CropScience“
einen Ergebnisrückgang verkraften, also in genau jenem
Sektor, den man nun mit dem Monsanto-Kauf groß ausbaut.
Die Anleger sind bei großen Deal häufig skeptisch
Hinzu kommt, dass in der jüngsten Vergangenheit viele große
Deals, die mindestens einen Wert von zehn Milliarden Dollar
hatten, eher negative als positive Effekte auf die jeweiligen Aktien
hatten. Insgesamt kommen sie – wie Bernd Schmid von The
Motley Fool Deutschland schreibt – zwischen 2008 und 2012 im
Schnitt auf eine Underperformance von 4,4 Prozent gegenüber
dem S&P 500.
Am Ende bleiben Argumente für und gegen den Kauf der Bayer-
Aktie. Bleibt der Gesamtmarkt stabil und der Kurs durchbricht
nachhaltig die 200-Tage-Linie könnte es zumindest charttechnisch
und kurzfristig ein Stück weit nach oben gehen. Ebenso kommen
durch den Monsanto-Deal zwei zukunftsweisende Industrien zusammen
unter ein Dach. Nämlich große Teile des globalen Agrochemie
und des Pharmageschäfts. Andererseits bleiben mit Blick
auf die Eingliederung des US-Konzerns viele offene Fragen. Neben
den bereits genannten und ganz bestimmt nicht zuletzt auch die,
was man mit 63 Milliarden Dollar nicht sonst so alles hätte anfangen
können. So kommt es mit Blick auf das Potenzial der Aktie auf
die Betrachtungsweise an. Und auf die vielleicht entscheidendste
Frage aller Fragen: Was – ob nun positiv oder negativ – ist bislang
schon im Kurs enthalten? Oliver Götz
Foto © GLF Media - Shutterstock.com
Bayer Stand: 08.06.2018
/Shutterstock.com
/Shutterstock.com