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Foto © Wirecard AG
Wirecard lehrt das Fürchten
Das Technologieunternehmen Wirecard (mit angeschlossener Bank) bewegt derzeit zu
Recht die Gemüter – der wohl so gut wie sichere Aufstieg in den DAX nur einer der Gründe
dafür. Mit dem Aufstieg kommt Publizität, für das weltweit tätige Unternehmen Licht und
Schatten zugleich.
Wie bei vielen Fintechs oder überhaupt
stark auf eigenem Erfindergeist beruhenden
Geschäftsmodellen fühlen sich
Software-Ingenieure leicht eher gestört als
hofiert, wenn Medien in ihr Reich einbrechen.
Noch mehr als bislang – im Tecdax
lebt sich unauffällig – werden nun Fondsmanager
bei Wirecard anklopfen. Die
„großen 30“ aus dem DAX sind international
eine Anlageklasse für sich. Und Homestorys
über die Führungspersönlichkeiten
BÖRSE am Sonntag · 31/18
Schliekers Woche
04
sind begehrte Ware.
Den umgekehrten Weg geht nach Lage
der Zahlen und Daten die Commerzbank,
wahrlich Urgestein des deutschen
Finanzwesens und nun plötzlich total
„out“. Cobank-Chef Zielke verkündet tapfer,
dass dies auch seine guten Seiten habe,
allein, man glaubt es nicht so ganz. Bitter
vor allem, weil die Deutsche Bank in den
letzten drei Jahren fast 30 Prozent Kursverluste aufzuweisen hat,
die einst rettungsbedürftige Commerzbank jedoch nur 17 Prozent.
Man sieht sich auf gutem Weg, vor allem im Mittelstandsgeschäft,
während der große Konkurrent noch an vielen Fronten
kämpft.
Der Weg der Commerzbank ist ein Menetekel: Das einst glanzvolle
deutsche Bankwesen spottet jeder Beschreibung. Und da
erschließt sich Wirecard eine Lücke – nicht nur beim Geschäftsmodell.
Dass Zahlungsdienstleistungen computerbasiert, weltweit
und rasend schnell eher Ingenieurskunst, Mathematik und
Programmiererei erfordern statt das Tragen feinen blauen Zwirns,
dicke Tresore und ehrfurchtgebietende Tempel des Geldes – dieser
Paradigmenwechsel muss sich in die Köpfe erst einpflanzen.
„Wir stehen erst am Anfang, nur 1,5 bis 2 Prozent der weltweiten
Transaktionen laufen digital“, konstatiert Wirecard-Chef Markus
Braun und verzieht keine Miene. Wenn man davon ausgeht, dass
er nichts weniger als 100 Prozent bei den Digitaltransaktionen für
sinnvoll hält, und Wirecard führend auf dem Gebiet ist – und das
auf fünf Kontinenten! – dann wird dem unbedarften Beobachter
leicht schwindlig.