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Nachfragerückgang
Im ersten Halbjahr 2018 ist die Gold-Nachfrage auf rund 1.960
Tonnen Gold und damit auf das niedrigste Niveau seit 2009
gesunken. Gold-ETFs wie der SPDR Gold Trust, die physisches
Gold hinterlegen, hatten hohe Geldabflüsse zu verzeichnen. Das
World Gold Council meldete z. B. Abflüsse in Höhe von 25
Tonnen alleine aus US-Gold-ETFs. Das Geld wurde stattdessen
am ertragreicheren Aktienmarkt angelegt. Allerdings verstärken
sich am US-Aktienmarkt mittlerweile die Warnzeichen. Eine
starker Rendite-Anstieg bei zweijährigen US-Staatsanleihen
und eine flacher werdende Zinsstrukturkurve könnten die USAktienmärkte
anfälliger für schlechte Nachrichten machen und
sich positiv auf den Goldpreis auswirken. Daher ist es nicht
verwunderlich, wenn die Commerzbank mit einem avisierten
Kursziel von 1.300 US-Dollar für Gold zum Jahresende und
von 1.500 US-Dollar im kommenden Jahr durchaus optimistisch
ist. Edelmetallexperte Martin Siegel von der Stabilitas
GmbH hält Gold bei 1.800 US-Dollar für fair bewertet. Einen
gerechtfertigten Preiskorridor sieht er zwischen 1.700 und
1.900 US-Dollar. Unter 1.700 US-Dollar geht er von einer Unterbewertung,
über 1.900 US-Dollar von einer Überbewertung
BÖRSE am Sonntag · 35/18
Rohstoff der Woche
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aus.
Ultimative Währung
Die Kölner Vermögensverwaltung Flossbach von Storch plädiert in
einem aktuellen Kommentar zu Recht für eine neue Sicht auf Gold.
In einem aktuellen Marktkommentar sehen die Asset Manager Gold
nicht als allgemeines Krisenmetall, sondern als Währung der letzten
Instanz, die vor den Risiken des Finanzsystems, insbesondere vor
den Gelddruck-Exzessen der Notenbanken schützt. Nicht geopolitische
Krisen, von denen es aktuell einige gibt, sondern nur ein
Vertrauensschwund in Papierwährungen, führt aus ihrer Sicht zu
einem Anstieg des Goldpreises. Anlass zur Sorge in dieser Hinsicht
gibt es durchaus. Die Verschuldung vieler europäischer Staaten hat
sich nicht verbessert, im Gegenteil. Dazu reicht ein Blick über den
Brenner: Italien stand im vergangenen Jahr mit 2,3 Billionen Euro
in der Kreide. Das waren knapp 132 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Die Regierung aus Cinque Stelle und Lega plant weitere
Ausgaben, beispielsweise durch Senkung des Rentenalters und Reduzierung
der Steuerbelastung. Es gibt also genügend Probleme, die
einen Run auf Gold auslösen könnten. Dabei muss man nicht bis
in den Iran blicken. Von dort berichtet beispielsweise das Nachrichtenportal
Middle East Eye, dass aufgrund des Vertrauensverlustes
in die heimische Währung Gold zunehmend als Zahlungsmittel
beispielsweise für Mieten verwendet wird. Christian Bayer