AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Gewinns von über einer Milliarde Euro „nicht so, als könnten sie
es sich nicht leisten, ihre Mitarbeiter auch gut zu bezahlen“. Daher
rechnet Gerald Wissel, Chef der Unternehmensberatung Airborne
aus Hamburg, kurz- bis mittelfristig mit einem Anstieg der Gehälter:
„Was die Gehälter angeht, wird sich Ryanair ein Stück weit
normalisieren, wenn auch auf niedrigem Niveau bleiben.“ An eine
Änderung des Geschäftsmodells glaube er aber nicht.
Und die dürfte, solange Michael O’Leary an der Konzernspitze
sitzt, auch nicht kommen. Schließlich ist das Geheimnis der Erfolgsstory
von Ryanair eine aggressiven Preis- und Kostenstrategie,
die das Unternehmen an die Spitze der Billigairlines gebracht
hat. „Wir sind nicht British Airways. Wir können schließlich
auch nicht die gleichen Ticketpreise wie British Airways verlangen“,
sagt O´Leary. Erst kürzlich wurde er auf der diesjährigen
Hauptversammlung der Aktionärsvertreter mit einer deutlichen
Mehrheit von 98,5 Prozent bis mindestens September 2019 im
Amt bestätigt, wenngleich mehr Transparenz von Management
und Verwaltungsrat gefordert wurde. Mittelfristig erwartet Ryanair
einen sich weiter zuspitzenden Wettbewerb, in dem sich
die irische Fluglinie nach eigener Einschätzung nur durch ein
konsequentes Niedrigkostenkonzept behauptet kann. Die Turbulenzen
mit den Mitarbeiten werden dabei als vorübergehende
Störfeuer angesehen: „Es wird Winter. Es regnet, und unsere
Piloten mögen es nicht, im Regen draußen rumzulaufen“, zeigt
sich O´Leary in Hinblick auf die Streikproblematik bei Ryanair
entspannt. Seine auf der Aktionärshauptversammlung Mitte September
getätigte Aussage „Ich habe keine Ahnung, wann ich genug
haben werden“, kann als Drohung für Gewerkschaften, die
Konkurrenz und Verfechter eines Strategiewechsels verstanden
werden. O´Leary hält auch im 25. Jahr an der Konzernspitze
konsequent Kurs.
Einige Analysten sehen das allerdings als ein Vorteil an. O’Leary
sei ein Garant für ein Comeback der Aktie. Das Geschäftsmodell
funktioniere, die Kursverluste von 2018 könnten übertrieben sein.
So hat die Schweizer Großbank UBS das Kursziel für Ryanair von
zwar 18,50 auf 16,75 Euro gesenkt, aber die Einstufung auf "Buy"
belassen. Auch die britische Investmentbank Barclays hat das Kursziel
deutlich von 18,30 auf 15,80 Euro gesenkt, aber die Einstufung
auf "Overweight" belassen. Das Management könne die Probleme
bis Anfang kommenden Jahres zu lösen. Was aber ist mit dem Ölpreis?
Wenn der weiter steigt und die Keroinkosten nach oben treibt,
dann kann das Management auch nicht mehr viel ausrichten. Es
bleibt also turbulent für die Iren. Wim Weimer
Ryanair Stand: 5.10.2018
23 BÖRSE am Sonntag · 40/18
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