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Wer sein Facebook-Profil löschen möchte,
wird dazu aufgefordert, zuvor alle Daten
zu sichern. Diese Funktion ist tief in den
Einstellungsmenüs versteckt und derzeit
überraschend häufig geklickt. „In den
vergangenen zwei Wochen beobachten
wir mehr Download-Anfragen als üblich,
deswegen dauert es länger, die Anfragen
abzuarbeiten“, erklärt ein Sprecher des
Unternehmens. Fliehen die Nutzer also
massenweise von der einst so angesagten
Plattform? Indizien für den Exodus sind
jedenfalls da. Seit dem 26. Juli – jenem
Tag, an dem Facebook die Ergebnisse des
zweiten Quartals vorstellte, hat das Unternehmen
insgesamt 240 Milliarden Dollar
Börsenwert verloren. Allein 120 Milliarden
Dollar waren es innerhalb eines einzigen
Tages, Zuckerbergs schwarzem Donnerstag,
an dem die Aktie nachbörslich mit
einem Sturz von zeitweise 23 Prozent reagierte.
Insgesamt ist die Aktie also um
fast 40 Prozent eingebrochen, stärker als
der schwächelnde Nasdaq-100, der Index
der wichtigsten Tech-Werte. Wer damals
glaubte, die Wertpapiere würden sich wieder
fangen, wurde eines Besseren belehrt.
Denn derzeit sind die Anteilsscheine für
rund 135 US-Dollar zu haben.
Cambridge Analytica,
Daten-Skandal, Fake-News
Gründe für den Absturz gibt es reichlich.
Facebooks Verstrickung in die Wahlmanipulation
2016, den sogenannten
Cambridge Analyitica-Skandal, war da nur der Anfang – dabei
sind die Untersuchungen keineswegs abgeschlossen. Es folgte
der Daten-Skandal im Oktober. Durch eine Verkettung durch
„Software-Fehler“ konnten Angreifer vollen Zugriff auf rund
30 Millionen Nutzer-Accounts erlangen. Bei rund 14 Millionen
Nutzern seien dabei sensible Daten wie Name, Geburtsdatum,
Wohn- und Aufenthaltsorte sowie Arbeitsplätze an Dritte abhandengekommen.
Auch der Fake-News-Skandal - nämlich Facebooks
Bemühungen, falsche Nachrichten in den Griff zu bekommen –
schreibt negative Schlagzeilen. Zwar hat die Plattform jüngst den
rechtspopulistischen Verschwörungstheoretiker Alex Jones mit seiner
„Infowars“-Seite aus dem Netzwerk verbannt, allerdings erst,
nachdem Apple & Co. es zuvor taten. Im Gespräch mit Investoren
hat Zuckerberg nun weitere Nachbesserungen bei den Sicherheitssystemen
versprochen, um Privatsphäre-Verletzungen zu minimieren
sowie hetzerische Posts und problematische Inhalte zu löschen.
„Dies sind nicht Probleme, die man einfach repariert“, erklärt der
CEO. „Dies sind Probleme, die man über die Zeit bewältigt und
reduziert.“
Politische Gegner
Gründer Zuckerberg hat in der Vergangenheit großes Geschick
bewiesen, potentielle Konkurrenten rechtzeitig zu erkennen und
zu neutralisieren. Entweder wurden diese aufgekauft – wie in den
Fällen WhatsaApp
und Instagram – oder aber kopiert, so wie
Snapchat. Doch seit diesem Jahr gibt es weitere mächtige Gegner,
die gegen den Tech-Giganten kämpfen: Acht Parlamente, allen voran
der US-Kongress. Politiker
drängen auf eine härtere Gangart
gegenüber dem Netzwerk. Zudem wird das Repräsentantenhaus ab
Januar von den ermittlungsfreudigen Demokraten kontrolliert, die
bereits schwören, Facebooks Rolle im politischen System stärker
regulieren zu wollen. „Auf Facebook ist kein Verlass, dass es sich
selbst reguliert“, twitterte der Abgeordnete David Cicilline, der mit
hoher Wahrscheinlichkeit den Kartell-Unterausschuss verantworten
wird.
09 BÖRSE am Sonntag · 48/18