AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART Wer heute von Europa aus westwärts über
den Atlantik blickt, tut dies überwiegend
mit Sorge. Zu viele, lange sicher geglaubte
Gewissheiten geraten mittlerweile
ins Wanken. Zwar haben die Midterm-
Wahlen politisch ein Gegengewicht zur
Trump-Administration manifestiert, Sorgen
vor neuer Unsicherheit wurden damit
aber wortwörtlich durch Stillstand ersetzt:
„Shutdown“ wurde für weite Teile der
Administration zum Synonym für den Januar.
Der Regierungsstillstand ist nun fürs
Erste ausgestanden, doch ein tatsächlicher
Fortschritt im Haushaltsstreit wurde bisher
nicht erreicht. Als Ultima Ratio zieht
Präsident Trump selbst einen nationalen
Notstand in Erwägung, um sein einstiges
Wahlversprechen, den Bau der über 3.100
Kilometer langen Mauer an der mexikanischen
Grenze, umsetzen zu können. Zum
Vergleich: Die innerdeutsche Grenze maß
knapp 1.400 Kilometer.
Kein Wunder also, dass gerade deutsche
Investoren, tendenziell eher am nationalen
Markt oder höchstens innerhalb Europas
Grenzen aktiv, zurückhaltend bleiben.
Die heftige Korrektur im Dezember
2018 hat ihnen verdeutlicht, dass auch
die vielgelobten US-Märkte nicht immun
Go west
or stay
home?
gegen plötzlich auftretende Korrekturen
sind. Auch wenn der marktbreite US-Aktienindex
S&P 500 auf Jahressicht nur 6,2
Prozent verloren hat, in Euro gerechnet
sogar nur 1,5 Prozent, fällt es deutschen
Anlegern schwer, in der aktuellen Phase
Vertrauen zu den Märkten zu fassen. Ihr
Sentiment ist generell von Vorsicht geprägt
und insbesondere der geliebte Heimatmarkt
scheint von Problemen geradezu
übersät zu sein. Wie sind Chancen und
Risiken im Börsenjahr 2019 abzuwägen,
sowohl für die USA als auch für Euroland?
Das Stimmungsbild ist unklarer als in den
vergangenen Jahren. Auf der einen Seite
gibt es in Europa zahlreiche positive Indikatoren,
die für eine Entschärfung vieler
bis dato ungeklärter Fragen sprechen. So
konnten sich Brüssel und Rom nach zähem
Ringen auf einen Haushaltsplan für Italien
verständigen, der sowohl wirtschaftlich
belastbar ist als auch beiden Administrationen
erlaubt, ihr Gesicht zu wahren. Blickt
man in die Bilanzen europäischer Unternehmen,
so finden sich dort überwiegend
solide bis ermutigende Zahlen, von einigen
schwarzen Schafen wie Bayer (Stichwort:
Monsanto) und der Deutschen Bank
(Stichwort: Geldwäsche) einmal abgesehen.
36 BÖRSE am Sonntag · 05/19
Torsten Reidel
Geschäftsführer von
Grüner Fisher Investments
Die kräftige Korrektur im vierten
Quartal 2018 ist auch an den USMärkten
nicht spurlos vorübergegangen.
Auf Jahressicht zeigten
sich die amerikanischen Börsen
jedoch einmal mehr robuster als
ihre europäischen Pendants. Für
2019 stehen weiterhin zahlreiche
Sorgen für beide Seiten des Atlantiks
auf der Agenda. Lohnt sich für
rein europäisch orientierte Anleger
in diesem Jahr ein Umdenken?
Torsten Reidel, Geschäftsführer
von Grüner Fisher Investments,
analysiert.