AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Währungsunion
reformieren
Für Unternehmer ist das etwas ganz
Selbstverständliches: Verantwortungsvolle
Entscheidungen werden nur dann getroffen,
wenn derjenige, der entscheidet, auch
für die Folgen einsteht. Dieses Haftungsprinzip
muss auch für Staaten gelten. Daran
müssen sich die aktuellen Pläne zur Reform
der Währungsunion messen lassen.
Zwei der Vorhaben möchte ich nun etwas
genauer unter die Lupe nehmen.
Stärkung des ESM
Ein gutes Beispiel, wie sich Solidarität und
Solidität vereinen lassen, ist der dauerhafte
Rettungsschirm ESM. Er gewährt Mitgliedstaaten
in schweren Krisen Finanzhilfen
unter Auflagen, die die Krisenursachen
beseitigen sollen. Die Staats- und Regierungschefs
der Euroländer haben sich im
Dezember darauf geeinigt, die Rolle des
ESM bei der Krisenprävention und dem
Krisenmanagement zu stärken. Ich halte
dies im Grundsatz für sinnvoll, weil er
seine hohe Kompetenz bei der Bewältigung
von Staatsschuldenkrisen bereits bewiesen
hat. Damit der ESM den neuen Ansprüchen
auch gerecht werden kann, muss er
mit den nötigen Befugnissen ausgestattet
werden. Ich denke zum Beispiel an die
Überwachung der Staatshaushalte im Rahmen
des Stabilitäts- und Wachstumspakts.
Bisher liegt diese Aufgabe in den Händen
der Europäischen Kommission. Ihre
Doppelrolle als Hüterin der Verträge und
politischer Akteur ist aber nicht immer
hilfreich, wenn es darum geht, auf einer soliden
Finanzpolitik zu pochen.So kritisiert
der Ökonom Friedrich Heinemann vom
Mannheimer ZEW, dass die Schuldenregeln zunehmend nach
politischem Kalkül ausgelegt werden. Seiner Meinung nach hat
sich die Kommission damit als „neutraler Schiedsrichter“ disqualifiziert.
11 Nun muss man nicht jeder seiner deutlichen Aussagen
zustimmen. Es lässt sich aber kaum bestreiten, dass die Glaubwürdigkeit
der Fiskalregeln angeschlagen ist und ihre Bindungswirkung
dringend gestärkt werden muss.
Vollendung der Bankenunion
Darüber hinaus haben sich die Staats- und Regierungschefs geeinigt,
dass der ESM im Rahmen der Bankenunion als letzte Sicherung
für den einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) dienen soll.
Reichen die Mittel des Fonds bei einer Bankenabwicklung nicht
aus, könnte der ESM einen Kredit bereitstellen, der später vom
Bankensektor zurückgezahlt werden müsste. Diese gemeinsame
Letztsicherung ist grundsätzlich sachgerecht, denn die bedeutenden
Banken des Euroraums werden inzwischen ja auch gemeinsam
beaufsichtigt. Bevor sie aber in Kraft tritt, müssen die Bankbilanzen
frei von Altlasten sein. Sonst würden nämlich Risiken, die
noch in nationaler Verantwortung entstanden sind, nachträglich
vergemeinschaftet werden.
Die gleichen Fragen stellen sich in noch drängender Weise bei einem
anderen Thema, nämlich dem Vorschlag einer gemeinsamen
Einlagensicherung. Sie könnte die Glaubwürdigkeit des Einlegerschutzes
in Europa durchaus erhöhen und damit das Risiko eines
„bank run“ senken. Damit Handeln und Haften in einer Hand
liegen und Fehlanreize vermieden werden, müssen aber mehrere
Voraussetzungen erfüllt sein. Zuallererst gilt es, die Altrisiken
abzubauen, die in den Bilanzen europäischer Banken schlummern.
Zum Beispiel sitzen immer noch viele Banken auf einem
hohen Berg an ausfallgefährdeten Krediten. Es stimmt zwar, dass
die durchschnittliche Quote notleidender Kredite in Europa seit
2014 deutlich gesunken ist. Aber das Problem konzentriert sich
auf einzelne, stark betroffene Länder. In mehr als einem Drittel
der EU-Länder liegt die Quote fauler Kredite immer noch über
5 %, teilweise sogar deutlich darüber. Nur zum Vergleich: In
den USA und in Japan liegt sie bei rund einem Prozent. Hinzu
kommt, dass die bisherige Risikovorsorge der Banken bei Weitem
04 BÖRSE am Sonntag · 05/19