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Deutsche misstrauen ihrer Bank
Gallup-Studie: Auch zehn Jahre nach der Finanzkrise
hat sich das Image der Industrie nicht erholt
Nicht einmal jeder zweite Bundesbürger vertraut Banken oder Finanzunternehmen. Das ist das Ergebnis einer
aktuellen Langzeit-Studie, die Gallup veröffentlicht hat. Demnach ist das Vertrauen in die Finanzhäuser seit
der weltweiten Finanzkrise 2009 zwar wieder leicht gestiegen – aber längst nicht auf das Niveau der Zeit vor
der Krise. Vor 2009 hatten noch 57 Prozent der Befragten angegeben, Vertrauen in Banken und andere Geldhäuser
zu haben. Heute sind es nur noch 44 Prozent. Gallup erhebt seit über fünfzehn Jahren die Glaubwürdigkeit
von Banken und Finanzinstituten und befragt dabei jährlich über 1.000 Personen in Deutschland ab
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Konjunkturprogramme, Nachtragshaushalt
der Bundesregierung und ein Einbruch des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 5,6% – im
Jahr 2009 waren die Auswirkungen der weltweiten
Finanzkrise für Bürger in Deutschland
massiv wahrnehmbar. Doch nachdem
sich die Wirtschaftskraft nach dem Krisenjahr
wieder erholte und zum Positiven entwickelte,
hat die Finanzindustrie nachhaltig
ihre Reputation verspielt. „Das Vertrauen,
das sich die Branche in vielen Jahren mühsam
aufgebaut hat, ist innerhalb eines Jahres
zusammengebrochen. Von der Finanzkrise
hat sich der Ruf der Branche nicht erholt“,
so Marco Nink, Lead Research & Analytics
EMEA bei Gallup.
Beschäftigte: Unternehmen haben
bei Ethik und Moral Nachholbedarf
Dabei stellen Arbeitnehmer Unternehmen in
Sachen Ethik und Moral branchenübergreifend
kein gutes Zeugnis aus. Der Aussage,
dass Unternehmen Kunden niemals belügen
oder ihnen relevante Informationen vorenthalten,
stimmt in Deutschland nur gut jeder
dritte Beschäftigte uneingeschränkt zu (37
%). Insgesamt sind sich die meisten Beschäftigten
unsicher, ob ihr Arbeitgeber Kunden
immer integer behandelt. Nur ein Viertel der
Befragten glaubt ohne Wenn und Aber, dass
das eigene Unternehmen nicht nur egoistisch
den eigenen Vorteil im Blick hat (22 %).
Und nur 17 Prozent der Befragten sind der
Meinung, dass ihre Arbeitskollegen das machen,
was für die Kunden richtig ist. „Jeder
Beschäftigte ist mitverantwortlich für den
Ruf seines Unternehmens. Die Daten zeigen,
einige Branchen erholen sich auf Jahre
nicht vom Fehlverhalten weniger. Dabei ist
Vertrauen die Grundlage für jedes dauerhafte
Geschäftsmodell, mit der nicht leichtfertig
umgegangen werden darf. Sie legt die Basis
zwischen Geschäftspartnern, um Kundenbindungen
aufzubauen und langfristig wirtschaftlich
erfolgreich zu sein“, so Marco Nink
Reden hilft! Auf die Führungskraft
kommt es an
Mitarbeiter, die regelmäßig mit ihren Führungskräften
über angemessenes Verhalten
sprechen, sind deutlich häufiger überzeugt,
dass sich das eigene Unternehmen auch integer
verhält. Jeder zweite Befragte (43%), der
sich regelmäßig mit Vorgesetzen über ethische
Fragen austauscht, stimmt der Aussage
uneingeschränkt zu, dass sein Unternehmen
Kunden niemals belügen oder Informationen
vorenthalten würde, die für ihn oder
sie relevant sind. Nink: „Führungskräfte
prägen maßgeblich die Unternehmenskultur.
Sie können dafür sorgen, dass ethische
Standards Teil der Unternehmens-DNA
werden. Wenn sie eine Kultur schaffen, in
der sich Mitarbeiterinteressen und die des
Unternehmens mit Kundeninteressen decken,
profitieren alle.“
einem Alter von 15 Jahren.
Dabei ahndet ein guter Vorgesetzter auch
Fehlverhalten. 41 Prozent der Mitarbeiter,
die mit ihrer Führungskraft äußerst zufrieden
sind, stimmen dieser Aussage uneingeschränkt
zu. Bei einem schlechten Chef
sieht das anders aus. Dann empfindet nur
jeder fünfte Befragte (22 %), dass der Arbeitgeber
bei einem Fehlverhalten von Kollegen,
dass richtige tut. „Mitarbeiter müssen
sensibilisiert und angehalten werden, ihren
eigenen moralischen Kompass bei der Arbeit
zu nutzen“, so Marco Nink. „Hier ist der
direkte Vorgesetze das A und O – auch in
modernen Unternehmen, die auf Eigenverantwortung
und nicht hierarchiebezogene
Denkweisen setzen.“ Dabei ist es wichtig,
dass Zielvereinbarungen und Anreizsysteme
keine Ellenbogen-Mentalität fördern und
dass Teammitglieder jederzeit gegenüber ihrem
direkten Vorgesetzten Bedenken äußern
dürfen. „Um den Anforderungen von heute
gerecht zu werden, müssen Unternehmen
überdenken, wie sie mit Ethik und Moral
umgehen. Sonst können sie sich dauerhaft
selbst schädigen“, so Nink. „Ich bin mir sicher,
dass es vor der Finanzkrise in Banken
viele Mitarbeiter gab, die den angebotenen
Finanzprodukten misstrauten. Sie haben ihren
Zweifel aber nicht geäußert der wurden
nicht gehört. Unternehmen brauchen aber
eine Kultur des Zweifels. Sie müssen Mitarbeiter
ermutigen, zu reflektieren und zu
hinterfragen.“ WW