AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Gastbeitrag
Handelskrieg und die
chinesische Außenpolitik
Es ist sehr aufschlussreich zu sehen, wie der anhaltende Handelskrieg zwischen China und den USA die
chinesische Außenpolitik verändert hat. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass China einen vollumfänglichen
Handelskrieg mit den USA verhindern, die Beziehungen zu anderen Handelspartnern stärken, neue Freihandelsabkommen
vorantreiben und das Programm „One Belt, One Road“ neu bewerten will. Dennoch könnte
dieses Verhalten unerwartete Ergebnisse nach sich ziehen und die internationalen Beziehungen auf Jahre hinaus
erheblich verändern. Trotz der Entschärfung der Spannungen zwischen den USA und China könnten US-amerikanische
Unternehmen, die in China geschäftlich tätig sind, Einschränkungen unterliegen,
während europäische
und japanische Unternehmen besseren Marktzugang
erhalten könnten.
Beziehungen zu den USA
Es stimmt, dass es seit Beginn der 1990er
Jahre, als beide Länder sich als die treibenden
Kräfte der Globalisierung positionierten,
immer wieder zu Spannungen
zwischen den USA und China gekommen
ist. Den Großteil der Zeit haben die beiden
Länder jedoch – zumindest in wirtschaftlichen
Fragen – zusammengearbeitet. Der
Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation
im Jahr 2011 verlieh dieser Partnerschaft
besonderen Aufwind. Die Zahlen
sprechen für sich. Chinesische Unternehmen
verkaufen Waren und Dienstleistungen
im Wert von 400 Mrd. US-Dollar an
die USA, während US-amerikanische Unternehmen
knapp 370 Mrd. US-Dollar in
44 BÖRSE am Sonntag · 14/19
China umsetzen1.
Diese Partnerschaft endete letztes Jahr –
und der Handelskonflikt eskalierte im Nu.
Eine Rede des Vizepräsidenten der USA,
Mike Pence, im Oktober hinterließ die
chinesischen Politiker vermutlich deutlich
besorgter mit Blick auf die langfristigen
bilateralen Beziehungen zwischen beiden
Ländern und zeigte ihnen, dass der Handel
womöglich nicht zu den wichtigsten
Themen auf der Agenda der US-Regierung
zählt. Manch einer mag die US-Handelspolitik
als Teil einer Strategie auffassen,
den Aufstieg Chinas als Supermacht einzudämmen.
Ein solches Szenario würde
bedeuten, dass sich der bilaterale Konflikt
in absehbarer Zukunft verschärfen dürfte –
und zwar unabhängig von den Ergebnissen
der Handelsgespräche.
Vor diesem Hintergrund scheint China
sich auf jahrelange wirtschaftliche Spannungen
mit den USA vorzubereiten.
Am dringendsten müssen, soweit wie möglich,
eine weitere Eskalation vermieden und
ein vollumfänglicher Handelskrieg verhindert
werden. Daher hat China bisher mit
zurückhaltenden politischen Maßnahmen
reagiert. Zum Beispiel hat China nicht den
Zhiwei Zhang
Chief China Economist
und Head of China
Equity Strategy der
Deutschen Bank