AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
die Gefahren unterschätzt haben. Zu
groß war der Traum vom globalen Agrarkonzern,
zu klein die Sorgen um das
wichtigste Produkt, Glyphosat. Und
das, obwohl lange vor der Übernahme,
teils erbittert über dessen Wirkung auf
die menschliche Gesundheit gestritten
wurde. Inzwischen hat Bayer drei Prozesse
mit Blick auf den Unkrautvernichter
Roundup, dessen Hauptsubstanz
Glyphosat ist, verloren. Den letzten inklusive
Urteil mit Signalwirkung: Zwei
Milliarden US-Dollar Strafe soll Bayer
allein an zwei Rentner zahlen, die Roundup
in ihrem Garten versprüht haben.
„Die Summe wird sicherlich noch deutlich
gekürzt, aber ihre Höhe verunsichert
weiter“, sagte Liberum-Analyst Alistair
Campbell. Zusätzliche Strafzahlungen
dürfen in den USA inzwischen nur noch
höchstens neunmal höher liegen als die eigentliche Schadenssumme.
Und die liegt bei 55 Millionen. Es wären insgesamt
also maximal 495 Millionen Dollar fällig. Immer noch viel
und sicher nicht beruhigend, blickt man auf die insgesamt über
13.400 Klagen, die – stand jetzt – allein in den USA eingegangen
sind.
Bayer setzt weiter alles auf die nächsten Instanzen und auf die
US-Umweltbehörde EPA, die Glyphosat nicht als für den Menschen
gesundheitsschädlich einordnet. Mangels Beweise. Doch
was, wenn es die einmal geben sollte? Die Unsicherheit ist riesig
und womöglich tut Bayer gut daran, das Problem bald mit
einem schmerzhaften Vergleich aus der Welt zu schaffen. Doch
selbst dann dürften Umweltschützer keine Ruhe geben und weiter
den Verbot von Glyphosat fordern. Ein solches wäre wohl
noch gefährlicher für Bayer, als die drohenden Strafzahlungen.
Dass ein Großkonzern solche wegstecken kann, zeigt die Causa
Volkswagen. Doch ein Glyphosat-Verbot würde Bayer im Agrarsektor
erst einmal einen Großteil seiner Geschäftsgrundlage
nehmen und in dem Bereich weit zurückwerfen.
10 BÖRSE am Sonntag · 22/19
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