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80 Milliarden Euro Rechtsrisiken im
Kurs eingepreist
Die Lage bei Bayer also ist ernst. Es scheint
auch nicht mehr komplett abwegig, dass es
Interessenten gibt, die den extrem niedrigen
Kurs an der Börse als Chance sehen, sich
größere Anteile und Mitbestimmungsrechte
zu sichern. Die Wahrscheinlichkeit für eine
Übernahme oder den Einstieg eines aktivistischen
Investors steige weiter, bestätigt
Baader Bank-Analyst Markus Mayer. Auch,
da im Kurs inzwischen 80 Milliarden Euro
an Rechtsrisiken für ein Produkt eingepreist
seien, das gerade einmal für fünf Prozent
der Bayer-Gewinne stehe. Sein Kursziel beließ
Mayer deshalb bei starken 123 Euro.
Damit ist er deutlich optimistischer, als viele
seiner Kollegen. Insgesamt jedoch raten 108
Analysten zum Kauf der Aktie, 50 dazu, sie
zu halten, nur einer würde verkaufen.
Foto: © Ingo Rappers für manager magazin
Klar, fundamental ist die Bayer-Aktie massiv unterbewertet. Ihr
erwartetes KGV für 2019 liegt bei 8,2. Dazu kommt dank des
niedrigen Kurses eine Dividendenrendite von 4,6 Prozent. Die
Einstiegschance ist da und trotz aller Risiken, ist Bayer nun
die weltweite Nummer Eins im Saatgut- und Pflanzenschutzgeschäft.
Doch Börsenschicksale, wie die von Eon und RWE
durch Deutschlands abrupte Energiewende oder die von Deutscher
Bank und Commerzbank, haben Anleger, wie es scheint,
vorsichtig werden lassen. Bis Mitte 2020, schätzt JPMorgan-
Analyst Richard Vosser, dürfte die Aktie nicht zur Ruhe kommen.
Mindestens bis dahin dürften sich die Berufungsverfahren
ziehen und die Verhandlungen zu zehn bis zwölf Fällen.
Erst dann könnten die Belastungen abgeschätzt werden. Auch
DZ-Bank Analyst Peter Spengler glaubt, dass die Aktie „weiter
volatil auf die Glyphosat-Prozesse reagieren wird“. Sein Kursziel
beließ er deshalb bei 57 Euro, also ungefähr auf derzeitigem
Kursniveau. Für den Moment scheint die Aktie also eine giftige
zu sein. Bleibt die Frage, wann es Bayer schafft ein Gegenmittel
zu finden. Dann nämlich wären wohl große Kurssprünge drin.
11 BÖRSE am Sonntag · 22/19
Oliver Götz