AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART Knapp 70 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen
nutzen ein Smartphone. Die Voraussetzungen
für mobile Bezahl-Verfahren sind also günstig. Zahlen
wir bald ausschließlich mit dem Handy?
Das Smartphone ist aus dem Alltag kaum mehr wegzudenken. Es
wird immer mehr auch zur Schaltzentrale verschiedenster digitaler
Dienste. Und hierzu gehört verstärkt auch das Bezahlen. Damit
sich das Bezahlen mit dem Smartphone durchsetzt, muss es sicher
und unkompliziert sein.
Mit den Lösungen von Sparkassen und Genossenschaftsbanken sowie
einiger Großbanken einerseits und den Diensten der zuvor erwähnten
BigTechs andererseits, hat der Bürger bereits jetzt die Qual
der Wahl beim Bezahlen mit dem Smartphone. Die neuen Dienste
konkurrieren dabei allerdings mit zwei etablierten und beliebten Bezahlverfahren:
dem Bargeld und der klassischen Plastikkarte.
Ich rechne damit, dass das mobile Bezahlen weiter an Bedeutung
gewinnt. Gleichzeitig werden Bargeld und Karte – auf absehbare
Zeit – ihre feste Rolle im Zahlungsmix behalten. Bargeld wird vor
allem wegen seiner breiten Einsetzbarkeit, dem als einfach empfundenen
Bezahlvorgang und der Wahrung der Privatsphäre weiter
geschätzt werden. Die Kartenzahlung ist sicher, weit verbreitet und
mittels Kontaktlos-Technologie deutlich schneller geworden.
Ohne eindeutigen Mehrwert werden nur wenige Menschen von
den liebgewonnenen Zahlungsmitteln auf mobile Lösungen wechseln.
Mehrwert im digitalen Zeitalter kann beispielsweise durch
Einbindung der Zahlung in vielgenutzte Apps entstehen. Aber
auch Rabatte könnten wirkungsvoll eingesetzt werden, um mobile
Bezahlverfahren attraktiv zu gestalten.
Sollten die Finanzaktivitäten der Tech-Unternehmen
strenger reguliert werden? Wie sollten sie reguliert
werden?
Die Finanzaktivitäten der BigTechs verdienen auf jeden Fall verstärktes
Augenmerk der Regulatoren. Wichtig ist dabei, dass weiterhin
gleiche Risiken in gleicher Weise reguliert werden. Deshalb
haben sich die meisten BigTechs auch schon Lizenzen als E-Geld-
oder Zahlungsinstitut besorgt. Und im Hinblick auf die viel diskutierten
Geschäftsmodelle, die auf der Weitergabe von Nutzungsdaten
basieren, haben wir beispielsweise mit der DSGVO schon
eine starke, den Verbraucherschutz fördernde Regulierung. Ob
neue Regelungen vonnöten sind oder die bestehenden ausreichen,
hängt von der jeweiligen Problemstellung ab.
Mit der Zahlungsdienste-Richtlinie PSD2
erhalten lizensierte Drittanbieter, einschließlich
der BigTechs, Zugang zur Kontoschnittstelle
bei den Banken, gleichzeitig ist ihnen
der Zugang zu wichtigen Kundendaten und
Schnittstellen der großen Technologieunternehmen
aber oftmals verwehrt. Hier sehe ich
Anpassungsbedarf.
Eine weitere Herausforderung sind die
großen digitalen Plattformen wie etwa die
sozialen Medien, also Märkte auf denen
viele Marktteilnehmer interagieren. Hier
kann es zu Monopolisierungstendenzen
kommen. Und das erst recht, wenn diese
Plattformen versuchen, ihre Attraktivität
durch eigene Zahlungsmittel – wie z. B.
den Libra-Token – und bequeme digitale
Geldbörsen-Funktionen weiter zu erhöhen.
Gleichzeitig erlaubt der gegenwärtige
Werkzeugkasten der Kartellbehörden ein
Eingreifen oftmals erst dann, wenn eine
marktbeherrschende Stellung missbräuchlich
ausgenutzt wurde. Hier hoffe ich, dass
mit der zehnten Novelle des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen Lösungsansätze
entwickelt werden können.
Ziel aller Regulierung muss es sein, ein Level
Playing Field zu schaffen, also gleiche
Regeln und Bedingungen für alle Akteure.
Wie schätzen Sie die Eigenkapitalausstattung
der deutschen Finanzwirtschaft
ein?
Der deutsche Bankensektor hat eine gute
Kapitalbasis. Seit der Finanzkrise haben
deutsche Institute kontinuierlich Eigenkapital
aufgebaut. Hierdurch ist der Sektor
erheblich widerstandsfähiger gegenüber
zukünftigen Krisen geworden. Ich sehe
unseren heimischen Bankensektor daher
solide für die Zukunft aufgestellt. Trotzdem
ist es wichtig, dass sie nicht nachlassen
in ihren Anstrengungen, ihre Puffer
16 BÖRSE am Sonntag · 27/19
Interview