weiter aufzubauen und so das Immunsystem des Finanzsystems
insgesamt zu stärken.
Warum haben wir immer noch keine große Ratingagentur
17 BÖRSE am Sonntag · 27/19
in Europa? Wann ändert sich das?
Hier muss ich etwas ausholen. Als Reaktion auf die Finanzkrise
bestand in Europa Einigkeit, dass ein höherer Wettbewerb im
Ratingmarkt grundsätzlich wünschenswert sei. Vorschlägen der
Europäischen Kommission folgend wurde diskutiert, ob dies
eher durch Gründung einer unabhängigen, staatlich gestützten
großen europäischen Ratingagentur oder durch ein europäisches
Netzwerk kleinerer und mittelgroßer Ratingagenturen erreicht
werden könnte.
Bald zeigte sich, dass die Gründung einer staatlich gestützten
Ratingagentur mit vielen Schwierigkeiten verbunden sein würde.
Insbesondere wären die Anschubkosten immens. Zudem sprechen
potenzielle Interessenkonflikte und Glaubwürdigkeitsprobleme
gegen die Gründung einer solchen staatlich gestützten
Ratingagentur.
Stattdessen wurde eine Ratingagenturen-Verordnung erlassen
und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde
ESMA die Aufsicht über Ratingagenturen übertragen. In Verbindung
mit verschiedenen Anreizen in der Finanzmarktregulierung
zugunsten kleinerer Ratingagenturen setzt die EU somit auf eine
marktbasierte Lösung.
Sind wir gerüstet für die nächste Krise?
Zunächst einmal lässt sich festhalten, dass Banken inzwischen deutlich
mehr Eigenkapital vorhalten und wir über eine verbesserte Regulierung
und Aufsicht sowie ein Abwicklungsregime verfügen. All dies
hat das Finanzsystem sicherer gemacht.
Dennoch befinden wir uns nicht in einer Situation, in der wir uns zurücklehnen
können. In Deutschland, wo es seit vielen Jahren gesamtwirtschaftlich
gut läuft, sehen wir derzeit, dass sich zyklische Risiken
aufbauen. Um diesem Risiko zu begegnen, hat die BaFin kürzlich
den antizyklischen Kapitalpuffer in Deutschland aktiviert. Mit der
Anhebung soll der aktuellen Risikolage begegnet werden. Ziel ist es,
die Eigenkapitalbasis des Bankensektors zu stärken und so dessen Widerstandskraft
weiter zu erhöhen.
Zudem wurde mit der Finalisierung von Basel III ein weiterer wichtiger
Schritt für eine effektive Regulierung des Bankensektors weltweit
und damit zur Stärkung der Finanzstabilität unternommen. Dabei
setze ich darauf, dass das Reformpaket vollständig, konsistent und
möglichst zeitnah auf globaler Ebene umgesetzt wird.
Die Altlasten in den Bilanzen der Banken dürfen laut Regulatoren
und Aufsehern nicht außer Acht gelassen werden. Die Vorgaben der
Bankenaufsicht und die kürzlich erlassene EU-Verordnung zur Verlustdeckung
notleidender Kredite fordern von den Banken ein aktives,
vorausschauendes Management ihrer notleidender Kredite.
Das Gespräch führte Florian Spichalsky
Foto © balz-burkhard - www.bundesbank.de
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