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Auf der Suche nach Erträgen wird es den Finanzinstituten
nicht leicht gemacht, vor allem
wegen der anhalten Niedrigzinsphase,
die neuerdings bis in nicht planbare Zukunft
verlängert wurde. Wieder einmal müssen Geschäftsmodelle
überdacht werden, neue Ertragsquellen
identifiziert – und Aktionäre wie
Kunden zu Verzicht angehalten beziehungsweise
mit neuen Kosten belastet werden. Erst
kürzlich erhöhte sich nach einer Untersuchung
der Bundesbank noch einmal die Zahl
der Banken und Sparkassen, die ihren Kunden
die Weitergabe von Negativzinsen zumuten
werden. Es scheint kaum anders zu gehen.
Die Ausweichmöglichkeiten sind begrenzt. In
Deutschland ist die Commerzbank weiterhin
auch nach außen sichtbar von den Folgen der
Finanzkrise gezeichnet: Der Staat hatte sich
damals für ihre Rettung an der gelben Bank
beteiligt und hält heute noch rund 15 Prozent
der Anteile. Lag der Kurs vor dem Beben
noch bei unfassbaren 200 Euro und mehr, so
ist die Bankaktie heute noch gut fünf Euro
wert, auch diese Schwelle wurde schon unterschritten.
Tendenz: nicht ermutigend. Der
Steuerzahler wartet vermutlich vergeblich auf
eine Rendite seines Investments – aber das
war zugegebenermaßen nicht das primäre
Ziel der Beteiligung. Ein Crash des ganzen
Hauses wäre insgesamt teurer geworden. Nun
verkündet die Commerzbank ihr Zukunftskonzept
„5.0“ – aus den ersten vier scheint
nicht so vieles die Zeit überdauert zu haben,
wenn man die Zählweise ernst nehmen will.
Geldbeschaffung pur ist die Trennung von
der polnischen Tochter M-Bank, die bislang
immerhin knapp ein Viertel der Erträge lieferte
und außerdem recht hoch bewertet ist:
Die Veräußerung trägt alle Merkmale eines
Notverkaufs, und die Interessenten wissen
das natürlich auch. Immerhin investiert die
Commerzbank in Digitalisierung und ITSysteme
– ein Gebot der Zeit, aber auch eine
Voraussetzung für den geplanten Abbau in
anderen Bereichen. Etwa 200 Filialen weniger
und netto 2.300 Stellen einzusparen: Das verschlingt
mit Sicherheit einen Teil der Erträge,
die man aus den knapp 70 Prozent Anteil an
der M-Bank erlösen wird. Sozusagen ein
durchlaufender Posten, nicht mehr. Man
rechnet mit Kosten von bis zu 900 Millionen
Euro für die Abbaupläne. Da es nicht die
erste Kürzungsrunde ist, hat die Commerzbank
in diesem Jahrzehnt schon eine Menge
BÖRSE 08 am Sonntag · III | 2019
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Commerzbank: Im
Fegefeuer des Finanzwesens
Dass die Finanzkrise 2008 und danach das Kreditgewerbe das
Finanzwesen gehörig durcheinandergewirbelt hat, steht außer
Zweifel. Dass dabei die Fundamente so manch stolzen Instituts
unterspült wurden, zeigt sich, wie bei solchen Schäden meist üblich,
erst nach und nach. Die heutigen Leiden der deutschen Banken sind
zum Teil immer noch auf diese disruptiven Ereignisse zurückzuführen.
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