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Haushalten direkt zur Verfügung zu stellen.
Die praktische Umsetzung könnte wie
folgt aussehen: Die EZB gewährt den Geschäftsbanken
Kredite mit einer unendlichen
Laufzeit und einem Kupon von null
Prozent. Diese Kredite müssten wiederum
von den Geschäftsbanken zu gleichen
Konditionen an die Bürger der Eurozone
weitergereicht werden. Die Transmission
liefe somit zwar über den Bankensektor,
allerdings wäre er hier lediglich als Erfüllungsgehilfe
am Werk. Um sicherzustellen,
dass das Geld von den privaten
Haushalten ausgegeben wird, könnte der
Geldtransfer an bestimmte Restriktionen
geknüpft werden. So ist beispielsweise ein
festes Verfallsdatum des Zentralbankgeldes
denkbar, um Anreize zu schaffen,
damit das Geld auch tatsächlich ausgegeben
wird. Wenngleich diese Variante nach
EU-Recht theoretisch umsetzbar wäre,
birgt sie dennoch erhebliche Risiken, da
es keine empirischen Befunde für ihre
Wirksamkeit gibt und ein „Geldabwurf “
in dieser Art nicht zurückgenommen
werden kann. Auch kann nicht garantiert
werden, dass der Impuls wirklich im
Wirtschaftskreislauf ankommt. Es drohen
Sickerverluste und Anreizprobleme.
Riskieren die Notenbanken den
Vertrauensverlust?
Die Notenbank befindet sich mit dem Gebrauch
des Helikoptergelds in einer Grauzone
dessen, was rechtlich machbar ist. Im
Falle der direkten Staatsfinanzierung verlässt
sie sogar diese Zone. Bei den Bürgern
könnte bereits durch den einmaligen Gebrauch
des Helikoptergeldes das Gefühl
genährt werden, dass die Notenbanken
letztlich doch stets mehr Geld drucken
werden, um in wirtschaftlich oder auch
politisch schweren Zeiten Probleme, wie
zu niedrige Inf lation oder eine schwächelnde
Wirtschaft, zu beheben. Ein Vertrauensverlust
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in die Notenbanken wäre
vermutlich die Folge und somit ergäbe
sich genau der gegenteilige Effekt dessen,
was die Notenbanken durch das Helikoptergeld
zu erreichen versuchten. Bis auf
weiteres wird der Helikopter voller Geld
daher wohl am Boden bleiben und weiter
als einhörniges Fabelwesen sein Unwesen
in den Finanzgazetten treiben.
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