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500 Milliarden Dollar
in einer Nacht verloren
Der Raketenangriff auf Ölanlagen hat Saudi-Arabien nicht nur militärisch getroffen. Der wirtschaftliche
Schaden ist größer als geahnt, denn der Ölkonzern Aramco geht an die Börse. Nun wird das teuerste
Unternehmen der Welt drastisch weniger wert
Amin Nasser ist der Vorstandsvorsitzende
von Saudi Aramco. Der 61-Jährige, ein leiser
Mann mit rahmenloser Brille, führt den
weltgrößten Ölkonzern mit 76 000 Mitarbeitern
und will ihn in wenigen Wochen
an die Börse bringen. Die internationalen
Finanzmärkte warten schon voller Spannung
darauf. Denn Aramco soll der größte
Börsengang der Menschheitsgeschichte
werden. In Riad erhoffte man sich noch
vor wenigen Monaten eine gigantische
Marktbewertung von mehr als zwei Billionen
Dollar. Zum Vergleich: Die Lufthansa
ist sieben Milliarden wert. Aramco sollte
also ungefähr so teuer werden wie 300
Lufthansa-Konzerne zusammen.
Im September haben die Drohnenangriffe –
ob sie nun von jemenitischen Huthi-Rebellen
oder von anderen iranischen Hilfstruppen
kamen – Saudi-Arabien nicht bloß militärisch
und politisch empfindlich getroffen.
Vor allem der wirtschaftliche Schaden ist
enorm. Denn schlagartig ist die Bewertung
von Aramco dramatisch abgesackt. „Globale
Investoren sehen seitdem die Sonderrisiken
bei Aramco viel größer als bislang. Die Assets
werden daher massiv heruntergestuft“, heißt
es bei Petro-Analysten aus London. Selbst
wenn die Ölproduktion
sich rasch wieder
normalisieren sollte, werde der langfristige
Wert des Unternehmens völlig neu eingeschätzt:
„Man erkennt die Verletzlichkeit von
Aramco. Niemand hält den Konzern jetzt
langfristig für mehr wert als 1,5 Billionen
Dollar.“ Damit hat der Raketenangriff Saudi
Arabien mindestens 500 Milliarden Dollar
in einer einzigen Nacht gekostet.
Geplant war eine Erstnotiz des Konzerns
bereits für Anfang November. Der neu
installierte
saudi-arabische Energieminister
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