ROHSTOFFE LEBENSART AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN TRADING FONDS ZERTIFIKATE
Entladeterminals befindliche LNG-Cargos werden verlangsamt oder
gleich ganz gecancelt. Auch dies trifft den ohnehin schon seit geraumer
Zeit vollkommen überversorgten und preislich ausverkauften
US-Markt hart. Hier wird der Corona-Virus für nicht wenige Förderunternehmen
nun buchstäblich lebensbedrohlich.
Metalle
Es wirkt auf den ersten Blick ein wenig paradox, dass Gold auf
eine potenziell anstehende wirtschaftliche Schwäche bislang nicht
positiver reagiert hat. Auch hier dominiert jedoch das Deflationsargument,
die globale Furcht vor einem gesundheitsbezogenen
Wirtschaftsdebakel ist bis jetzt noch nicht groß genug, um damit
ausgedehnte Save-Haven-Käufe zu initiieren. Es dürfte im Moment
mehr als einer deutlichen konjunkturellen Delle bedürfen, um Gold
wieder in Richtung seiner jüngsten Hochs zu befördern, ein nur
moderater Abschwung würde eher die physische Nachfrage senken.
Wenn man bedenkt, dass die chinesische Goldnachfrage während
der SARS-Pandemie Anfang 2003 um 32 Prozent sank (im Vergleich
zum Vorquartal), kann man durchaus davon ausgehen, dass
nun, mit der seitdem erheblich gestiegenen Wirtschaftsleistung des
Landes, mit einer eher größeren negativen Nachfrageentwicklung
zu rechnen sein wird. Für die vielzitierte „Flucht in Qualität“ wird
erheblich mehr Furcht vor einem massiven konjunkturellen Einbruch
notwendig sein, die sich dann ebenfalls in entsprechenden
Reaktionen der Aktien- und Basismetallmärkte niederschlägt. Tritt
eine solche Situation nicht ein, fehlt das Krisenmetallargument,
um die angeschlagene Nachfragesituation in China auszugleichen.
Und angeschlagen dürfte sie sein, die Menschen dort haben, auch
bei sich entspannender Lage, zunächst einmal andere Sorgen, als
sich mit Gold einzudecken. Bisweilen kann die Situation hier mit
„abwartend“ beschrieben werden, das Sentiment dieses Marktes
schwankt zwischen physischen Nachfragesorgen und klassischem
Risk-Off-Modus.
Silber befindet sich eher in einer Zwitterstellung zwischen Industrie–
und Edelmetall, daher wirken sich die Sentiment-Schwankungen
von Save-Haven-Käufen und Verkäufen auf Grund von Industrienachfragesorgen
48 BÖRSE am Sonntag · 09/20
besonders aus. Es wird darauf ankommen, wie groß
der Einbruch der chinesischen Wirtschaft tatsächlich sein wird, in
wie weit sich dies auf die globalen Lieferketten auswirkt und wie
groß der daraus resultierende Nachfragerückgang wirklich ausfällt.
Die Preisrichtung wird dann davon abhängen, ob dieser rationale
Faktor durch das schwer greifbare Gefühl, ein Save-Haven-Vehikel
zu benötigen, aufgewogen oder überboten werden kann. Dabei ist
Foto © bob63 - Shutterstock.com
/Shutterstock.com