AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
Menschen ein großes Potenzial an möglichen
Unterstützern. Ich halte die Gefahr
einer Spaltung deshalb für groß, falls
sich die reicheren Länder nicht noch zu
stärkeren Transfers durchringen.
Welche langfristigen ökonomischen
Risiken sehen Sie bei nationalen
Alleingängen?
Unterm Strich hat die internationale Arbeitsteilung
und Kooperation uns ganz
zweifellos wohlhabender gemacht. Globale
Krisen lassen sich in internationaler Zusammenarbeit
viel effektiver bekämpfen.
Schauen wir zum Beispiel auf die Wissenschaft,
die sich in der Virenforschung
international austauscht. Alleingänge schaden
am Ende jedem. Die Innovationsfähigkeit
leidet, die wirtschaftliche Erholung
fällt schleppender aus, es dauert länger, bis
Mangelgüter dort ankommen, wo sie am
dringendsten gebraucht werden.
Desinfektionsmittel und Masken
sind Mangelware, und auch in
anderen Bereichen gibt es Engpässe. Sollten gerade
Branchen wie die Pharmaindustrie und die Lifesciences
wieder stärker nach Deutschland verlagert
werden?
Beide Branchen sind in Deutschland nach wie vor sehr stark; sie
exportieren sehr viel mehr als sie importieren. Wenn alle Länder
Produktion nach Hause holen wollen, wäre das daher gerade für
uns sehr schädlich. Also, Hände weg von protektionistischen
Maßnahmen. Was wichtiger ist und wohl auch aus Eigeninteresse
der Unternehmen kommen wird: Lieferketten müssen robuster
gemacht werden, indem es zum Beispiel Zulieferer aus mehreren
Ländern für ein Vorprodukt gibt. Diese regionale Diversität der
Lieferketten ist wichtiger, als Produktion in Deutschland anzusiedeln.
Wenn überhaupt, sollten wir ohnehin europäisch denken.
Wie wird sich die Globalisierung verändern?
Es wird neu darüber nachgedacht werden, wie die Beschaffung von
Gütern und Dienstleistungen krisenfester gemacht werden kann.
Das betrifft zum Beispiel die Diversifikation von Lieferketten. Die
Robustheit dieser Ketten gewinnt als Kriterium an Gewicht, was
Produkte auch verteuern wird. Außerdem wird der internationale
Personenverkehr durch Tourismus, Dienstreisen oder Migration
unter neuen Voraussetzungen stattfinden. Wir werden häufiger als
bisher Grenzkontrollen, Reisebeschränkungen oder andere Auflagen
erleben. Das wird den Personenverkehr, vor allem den Tourismus,
12 BÖRSE am Sonntag · 17/20