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Der Ölpreis hat die
besten Zeiten hinter sich
Krise hin oder her. Auch massive Kürzungen und eine baldige konjunkturelle Erholung wird die Ölpreise auf
Dauer nicht weit steigen lassen. Die Spitze im weltweiten Verbrauch dürften wir gesehen haben, nun steht
eine massive Konsolidierung des Angebots bevor.
Seit Freitag nun produzieren die Mitglieder
der OPEC+ angeblich täglich 9,7
Millionen Barrel Öl weniger, tatsächlich
dürfte es gegenüber Januar nur noch gut
die Hälfte sein. Dies ist die Reaktion auf
den völligen Zusammenbruch der Nachfrage
aufgrund der COVID-19-Pandemie.
Zwar ist davon auszugehen, dass
sich diese in einer konjunkturellen Erholung
nach der Krise wieder stabilisiert,
allerdings könnten wir aufgrund einer
in Zukunft weniger energieintensiven
Wirtschaft die Spitze im weltweiten Ölverbrauch
gesehen haben. Bis sich die Ölpreise
unserer Erwartung nach langfristig
zwischen 40 und 50 US-Dollar einpendeln
werden, dürfte der gesamte Ölsektor
einen radikalen Anpassungsprozess
erleben. Teure Quellen werden zurückgedrängt,
die kostengünstige Förderung
dürfte expandieren. Am Ende könnten
die arabischen Ölländer und einige Ölmultis
die einzigen sein, die dank stark
erhöhter Förderung ihre Einnahmen halten
können. Positiver Nebeneffekt: Dem
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Dr. Adolf Rosenstock
Volkswirtschaftlicher
Berater MainSky
Asset Management
Aufschwung nach der Krise dürften die noch länger niedrigen
Ölpreise helfen.
Die Marktgesetze regeln den Preis
Es ist schon sehr lange her, dass lediglich Angebot und Nachfrage
den Preis am Ölmarkt bestimmt haben. Nun aber ist das
Öl-Kartell der OPEC zerbrochen und einzig allein die Marktgesetze
sind für die Preisbildung verantwortlich. Der Ölmarkt
ist aber gleichzeitig auch ein Markt, auf dem sowohl die Nachfrage
als auch das Angebot ziemlich starr sind. Eine Ölquelle
kann man nicht einfach nach Belieben auf oder zu drehen.
Viele Quellen würden bei einer radikalen Drosselung auf immer
versiegen. So lösen schon kleine Verschiebungen der angebotenen
und auch nachgefragten Menge große Preisveränderungen
aus. Da bei den jetzigen Preisen viele Produzenten nicht
einmal die laufenden Betriebskosten erwirtschaften, werden
die finanziell schwächsten schon bald die Förderung drosseln
oder sogar Insolvenz anmelden müssen. Langfristig müssen die
Preise die Vollkosten decken. Der Ölpreis würde sich in einem
weiterhin freien Markt auf dem Niveau einpendeln, bei der die
relativ starre Nachfragemenge aus Förderanlagen gedeckt wird,
die profitabel sind oder zumindest keine Verluste erwirtschaften.
Die betroffenen Staaten könnten zwar mit Finanzhilfen
eingreifen. Das aber würde die Förderung von wirtschaftlichen
zu weniger wirtschaftlichen Produzenten verschieben und den
Gleichgewichtspreis tendenziell senken.
BÖRSE am Sonntag · 19/20
Gastbeitrag