AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART
„Uns Deutschen fehlt die
Fähigkeit, groß zu denken“
Frank Thelen, Seriengründer, Tech-Investor und CEO von Freigeist Capital, spricht im Exklusiv-Interview mit
der Börse am Sonntag über eine Welt an der Schwelle zum exponentiellen Zeitalter und Europas gefährliche
Rolle als Datenexporteur. Über großartige Ideen, die an Überregulierung scheitern und Unternehmen, denen
der Mut fehlt, neu zu denken.
Herr Thelen, wie frei fühlt sich ein
Freigeist wie Sie, umgeben von
Shut- und Lockdowns fast überall
auf dem Planeten?
Privat komme ich mit den Einschränkungen
gut klar, mein Leben geht weitestgehend
normal weiter. Ich verbringe meine
Zeit ohnehin am liebsten an meinem
Schreibtisch oder laufe durch den Wald.
Einzig die Date-Nights mit meiner Frau
waren eine Herausforderung, aber auch
hier haben wir für den Übergang eine
gute Lösung gefunden. Was mir mehr
Sorgen macht, ist unsere Wirtschaft. Wir
dürfen nicht riskieren, dass unser Mittelstand
als wichtiges Standbein der deutschen
Wirtschaft durch die Corona-Krise
einbricht. Deshalb spreche ich mich auch
öffentlich dafür aus, die Wirtschaft unter
Einhaltung von sinnvollen Sicherheitsmaßnahmen
wie zum Beispiel einer Maskenpflicht
wieder hochzufahren.
Die groß angelegten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen
20 BÖRSE am Sonntag · 24/20
als Folge der Corona-Pandemie
haben mit dazu geführt, dass die Welt, wie Microsoft
Chef Satya Nadella vor kurzem feststellte, eine
„digitale Transformation“ erlebt hat, „die sonst
zwei Jahre gedauert hätte“. Das müsste Sie als
Technologie-Investor ja eigentlich freuen.
Absolut! Wir haben gerade ein unglaublich wertvolles Momentum
in Deutschland. Die Menschen sind bereit für Veränderungen,
weil sie nun gezwungen sind, sich mit der Digitalisierung
auseinanderzusetzen. Diese Bereitschaft sollten wir
unbedingt nutzen, um die Digitalisierung unseres Landes jetzt
konsequent voranzutreiben. Denn die neuen Technologien, die
in naher Zukunft unsere Welt tiefgreifend verändern werden,
benötigen eine flächendeckende Digitalisierung als Basis. Verpasst
Deutschland jetzt den Anschluss, werden wir irgendwann
nicht mehr aufholen können. Deshalb kommt diese digitale
Transformation, obgleich aus einer unschönen Lage heraus, gerade
richtig.
Auf der anderen Seite dürften der Pandemie wegen
gerade viele Start-Ups in Finanzierungschwierigkeiten
Exklusiv-Interview