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Pessimist mit Vorzügen
Paul Elliott Singer
Foto ©The Global Financial Paul Singer Von World Economic Forum
ZITAT DER WOCHE
"Die Vorkommnisse
im Aufsichtsrat in
der letzten Woche und die
Kommunikation über die Vorkommnisse
im Aufsichtsrat
helfen dem Unternehmen
nicht."
Herbert Diess,
Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG
APHORISMUS DER WOCHE
„Erfolg erzeugt
Erfolg, wie Geld
das Geld.“
Nicolas Chamfort
(1741 – 1794)
Kopf der Woche
09 BÖRSE am Sonntag · 24/20
Paul Elliott Singer gehört zu der Gruppe Menschen,
bei der das Glas stets halbleer ist. Sein
Blick auf die Märkte ist jedenfalls nicht selten
von sorgenvollen Warnungen durchsetzt. Ein
bisschen steht der Crash bei dem 75-jährigen
immer vor der Tür. Erst im Juni vergangenen
Jahres hatte der Hedgefondsmanager und
Multimilliardär prophezeit, dass der nächste
Abschwung wohl eine Marktkorrektur von
bis zu 40 Prozent nach sich ziehen würde. Einen
genauen Zeitrahmen nannte er nicht, aber
als der globale Ausbruch des Coronavirus im
März die Börsen weltweit auf Talfahrt schickte
und Singers Blick in die Glaskugel bestätigte,
kam der leidenschaftliche Nörgler und Pessimist
aufgrund gut gewählter Absicherungsgeschäfte
erstaunlich gut durch den Crash.
Auch mit Blick auf die möglichen Folgen der
Virusausbreitung war Singer früh unter den
Mahnern und bereitete die Mitarbeiter seiner
Investmentfirma schon Anfang Februar auf eine
mögliche, wochenlange Quarantäne vor, wie die
Nachrichtenagentur Bloomberg herausgefunden
haben will. „Wir raten allen Mitarbeitern in
allen Niederlassungen, Vorkehrungen zu treffen,
so dass sie ihr Heim notfalls für einen Monat
nicht verlassen müssen", schrieb Singer Anfang
Februar offenbar in einem internen Schreiben.
Einmal mehr erwies sich seine pessimistische
Grundhaltung damit als eine mit Vorzügen. Seit
Illu © Cartoon Resource - Shutterstock.com
Jahren gehört Elliott Management mit einem
verwalteten Vermögen von inzwischen rund
40 Milliarden US-Dollar zu den performancestärksten
Hedgefondsunternehmen der Welt.
Seit der Gründung 1977 gab es nur zwei Jahre,
in denen die Firma eine Rendite von weniger als
13 Prozent erzielen konnte. Was ihm seine Anleger
gutheißen, hat manch Konzernlenker über
die Jahre allerdings gehörig ins Schwitzen gebracht.
Singer ist neben seiner Rolle als Pessimist
nämlich auch für die des aktivistischen Investors
berühmt und berüchtigt. Über seine Firma
erwirbt er Unternehmensanteile und übt in der
Folge teils erheblichen Einfluss auf das Management
aus, um seine Forderungen durchzubringen,
die im Optimalfall dann den Wert
seiner Anteile zügig in die Höhe schrauben.
In der gegenwärtigen Krise will er auf ein solches
Vorgehen zunächst verzichten, kündigte Singer
an. Wohl auch, da er dem Optimismus an den
Märkten nicht über den Weg traut. Aus einem
Brief an seine Kunden zitierte Reuters im April:
„Unser Bauchgefühl sagt uns, dass es an den
Börsen weltweit im Vergleich zu den Höchstständen
vom Februar um 50 Prozent oder mehr
nach unten gehen wird.“ Noch klettern viele
Indizes jedoch munter weiter in Richtung Vorkrisenniveau
zurück. Einer große Mehrheit setzt
also offenbar lieber auf das halbvolle Glas. OG
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