Zusammenhänge am Ende komplexer
sind, als sie auf den ersten Blick erscheinen
mögen. Wenn die Notenbank viel
Geld ins System pumpt, heißt das nicht
automatisch, dass Inflation entsteht. Es
muss erst einmal im Bankensystem dazu
genutzt werden, um Kredite zu vergeben.
Und das tun Banken nur, wenn
sie annehmen, dass sie eine ordentliche
Rendite erzielen können. Von den Banken
muss also der Impuls kommen, risikofreudiger
zu werden – anders als in
den vergangenen zehn Jahren, in denen
sie sehr zurückhaltend waren. Zudem
muss die Kapitalnachfrage auf Seiten der
Wirtschaft da sein, sprich von Investoren
und Konsumenten.
Fakt aber ist: Wir erleben gerade
eine nie dagewesene
Geldschwemme. Sowohl von
geldpolitischer, als auch von fiskalpolitischer Seite.
Insgesamt dürften die Bilanzen der Notenbanken in
diesem Jahr weltweit die 20 Billionen-Dollarmarke
überschreiten. Und auf Dauer könnten die Notenbanken
mangels Alternativen zu Finanzierern der
Staaten werden. Treibt das dann nicht zwangsläufig
die Inflation?
Zunächst einmal: Die Gefahr, dass Inflation entsteht, wenn
Notenbanken monetäre Staatsfinanzierung betreiben, ist hoch.
Davon sind wir aber weit entfernt. Der Druck, der nun während
der Corona-Krise entstanden ist, dass von EU-Ebene fiskalpolitische
16 BÖRSE am Sonntag · 36/20
Maßnahmen ergriffen werden, dieser Druck kam
nicht nur von Italien oder Spanien, von Frankreich oder den
Finanzmärkten, sondern die EZB hat ebenfalls Druck gemacht,
damit sie eben nicht noch einen Schritt weiter gehen muss und
in Richtung monetärer Staatsfinanzierung abdriftet. Was sie
bisher mit dem PSPP- und dem PEPP-Programm gemacht hat,
das ist – sofern die Grenzen eingehalten werden und obwohl
dies riesige Summen sind – immer noch Geldpolitik, vor allem,
weil nicht differenziert eingegriffen wird, um einzelne Staaten
besonders zu stützen.
Foto © picture alliance | Annik Susemihl
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