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Es passiert selten, dass jemand bereits zu
Lebzeiten zur Legende wird. Bei Warren
Buffett ist es der Fall. Vielleicht auch, weil
er schon so lange lebt und man dann eben
irgendwann nicht mehr umhin kommt, Legendäres
über ihn zu erzählen. Vor kurzem
wurde der Star-Investor 90 Jahre alt und
wohnt immer noch in seinem ersten Haus,
das er 1958 für 31.000 US-Dollar gekauft
hat. Um seine Person macht Buffett kein
großes Aufheben, materieller Besitz scheint
ihm gleichgültig. Er trinkt gern Coca-Cola
und frühstückt regelmäßig bei McDonalds.
Man sieht Buffett auch nicht Tag um Tag
in einem anderen Sportwagen vorfahren, er
fährt seit 2014 einen Cadillac XTS – und
damit jeden Tag selbst zur Arbeit. Zeit seines
Lebens ist Buffett vor allem darum bemüht,
so normal wie möglich zu wirken.
Das ist der eine Teil seiner Legende.
Der andere gehört seinem Vermögen.
78 Milliarden US-Dollar sollen es laut
Forbes sein. Spätestens an dieser Stelle ist „normal“ für den
so bescheiden daherkommenden Mann aus Omaha, Nebraska,
kein Ausdruck mehr. Vor allem wenn man weiß, dass Buffett
quasi bei „null“ angefangen hat. Als kleiner Junge verkaufte er
noch Coca-Cola-Dosen, heute gehören ihm fast zehn Prozent
der Anteile des Brauseherstellers. Gekauft hat er sie 1988 für
1,3 Milliarden US-Dollar. Heute sind sie rund 18 Milliarden
US-Dollar wert und bei einer Dividende von 1,64 US-Dollar
je Aktie, streicht er allein 656 Millionen US-Dollar pro Jahr
an Ausschüttungen ein. Es ist eines dieser Investments, die aus
Warren Buffett das „Orakel von Omaha“ gemacht und ihm
unter Börsianern einen wohl verdienten Heldenstatus eingebracht
haben.
Buffetts Zurückhaltung in der Corona-Krise stößt
auf Kritik
Ausgerechnet in seinem Jubiläumsjahr zeigt dieser jedoch zum
ersten Mal Risse. Die Kritik an Buffetts Investmententscheidungen
der vergangenen Jahre häufte sich zuletzt. Mit seiner
Zurückhaltung nach dem Corona-Crash im März hat er nun
auch die explosionsartige Comeback-Rally an der Wall-Street
verpasst. Die Aktie seiner berühmten Investmentfirma Berkshire
Hathaway läuft dem Markt entsprechend hinterher. Manch einer
08 BÖRSE am Sonntag · 36/20
N
ur die Ruhe
Warren Buffett gehört in der Corona-Krise zu den geduldigsten Investoren. Anstatt groß zu investieren,
hortet er Cash. Und erntet dafür zunehmend Kritik. Dabei waren Geduld und eine analytische Sicht auf die
Märkte immer Teil seines Erfolgsgeheimnisses – und seiner Legende.