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Apple und die epische Streitkultur
Schon in den siebziger Jahren gab
es Ärger mit Apple: Die Gründer
der Garagenfirma in Kalifornien,
Steve Jobs und Steve Wozniak,
mussten sich von Anfang an gegen
Plagiatsvorwürfe wehren, Patentstreitigkeiten
sind bis heute fast
schon Alltag für Apple.
Historisch gesehen hat man öfter gewonnen
als verloren – und sei es durch
günstige Vergleiche, wenn ein Prozess
nicht tragbar erschien. Zur DNA des
Unternehmens gehören Geheimhaltung
und der Versuch, eigene, exklusive Standards
zu setzen, was naturgemäß nicht
nur Freunde macht. Apple wirkt herausfordernd
– für Gerüchtekücheninhaber
ebenso wie für die Fachpresse, die sich
traditionell zu wenig informiert fühlt.
Hinter den Kulissen wird da mit harten
Bandagen gekämpft; wer Apple-Interna
ausplaudert, sollte ein dickes Fell haben
und schnell rennen können. Es ist wohl
das Schicksal eines Giganten: Bei Google,
Amazon oder Facebook wird mindestens
genauso viel Energie in die Wahrung des eigenen Geschäftsvorteils
gesteckt, und was die Großen aus den USA unternehmen,
um Geschäftsmodelle zu schützen, nennt man andernorts
schlichtweg Monopolbildung. Der programmierte Streit hat
den Aktienkursen allerdings noch nie nachhaltig geschadet.
Apple notiert zwar nach den Septemberverlusten des ganzen Technologiesektors
nicht mehr am Höchstkurs, aber auch nicht weit
entfernt davon. An Unkenrufen gib es derzeit – oder: wie immer –
keinen Mangel, und nur einer der Gründe ist ein wahrhaft epischer
Streit, der Ende September mit einer Online-Anhörung vor Richterin
Yvonne Gonzalez Rogers in Kalifornien seinen öffentlichen
Auftakt nahm. Epic heißt der Gegner und Provokateur: Der Hersteller
des Videospiels „Fortnite“, rasend populär, umging bewusst
die geltenden Regeln für den vorgeschriebenen Vertriebsweg „App
Store“, über den für iPhones (und teils Apple-Desktopcomputer)
Software verkauft wird. Apple nimmt auf einen Teil der angebotenen
Dienstleistungen 30 Prozent Provision, auch bei jedem Verkauf
innerhalb einer App, zum Beispiel für kostenpflichtige Upgrades.
Die App-Anbieter sind teils offen, teils mit geballter Faust in der
Tasche verärgert, von Airbnb bis Match.com, und Epic brach gezielt
aus dem System aus, indem man außerhalb des App Stores rabattierte
Zusätze zum Fortnite-Spiel anbot. Die klare Provokation
führte wie erwartet zum Rauswurf bei Apple – und nun zu einem
Prozess, der dann mit Geschworenen im Juli 2021 endgültig beginnen
soll. Falls am Ende der US-Supreme Court zu entscheiden hätte,
04 BÖRSE am Sonntag · 40/20
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