Gleichzeitig darf es auch als Warnung verstanden werden, dass
hier in einem aktuell sehr schwierigen Marktumfeld auf eine
glorreiche Zukunft gewettet wird.
Das kann aufgehen, muss aber nicht, da es von sehr vielen Faktoren
abhängt, die das Unternehmen selbst gar nicht beeinflussen
kann. Dazu zählen neben den negativen Auswirkungen der
Corona-Pandemie auch mögliche Regulierungen. In Zeiten der
Wohnungsknappheit ist das Sharing-Geschäftsmodell von Airbnb
vielen Städten und Gemeinden ein Dorn im Auge, da Wohnungen,
die vermietet werden könnten, touristisch genutzt werden.
Gleichzeitig führt der Home-Office-Boom und die aktuell zu beobachtende
Stadt-Land-Flucht auf der Angebotsseite zu erheblichen
Rückgängen. Das verfügbare Angebot an Wohnungen und
Häusern ist auf der Plattform von sieben Millionen im Jahr 2019
auf 5,6 Millionen 2020 eingebrochen.
Airbnb muss sich nicht auf Google verlassen
Im Markt selbst ist Airbnb zweifelsohne hervorragend positioniert.
Die Größe des Marktes, der Airbnb theoretisch offen steht, liegt
den eigenen Angaben nach bei 3,4 Billionen Dollar. Das liegt auch
daran, dass Brian Chesky und Joe Gebbia, die Airbnb 2008 gründeten,
aus dem Apartmentvermittler in wenigen Jahren eine der
wertvollsten globalen Marken überhaupt gemacht haben. Das wiederum
hat zur Folge, dass zwei Drittel der Kunden ohne Umweg
auf die Plattform kommen. „Ein deutlich höherer Anteil als beim
Rest der Branche und damit ein entscheidender
Vorteil“, sagt Konstantin Oldenburger
vom Online-Broker CMC Markets. Die
Reiseplanung beginne fast immer mit der
Suche nach Unterkünften, weshalb Google
der wertvollste Akteur in der Reisebranche
sei. Airbnb schafft es, den Umweg über die
größte Suchmaschine der Welt größtenteils
zu umgehen. „Als die Buchungen weltweit
zusammenbrachen, kürzte Airbnb die
Marketingausgaben, dennoch blieben die
Suchabfragen weitgehend konstant. Kunden
kamen statt über bezahlte Kampagnen
direkt zu Airbnb“, erklärt Oldenburger.
Gemeinsam mit dem potenziellen
Marktvolumen würde dies die Milliardenbewertung
11 BÖRSE am Sonntag · 50/20
zum Start an der Börse
rechtfertigen. Anleger aber sollten bedenken,
dass die Gegebenheiten am Finanzmarkt
aktuell zu überbewerten Börsengängen
einladen. Dass Airbnb jetzt den
lange geplanten IPO vollzieht, liegt wohl
auch daran, dass es selten Zeiten gab,
in denen man so schnell und so einfach
Kasse machen konnte. Oliver Götz
Foto © picture alliance / Airbnb/Barbie/Cover Images | Cover Images
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