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Der Markt läuft nicht rund
Wie immer liegt in der rosigen Prognose das höchste Risiko. Der
Autoverkauf schleppt sich in Deutschland etwas mühsam dahin.
Nach Daten der Deutsche Automobil Treuhand war das Jahr 2020
am Gebrauchtwagenmarkt schwierig: Mit rund sieben Millionen
Besitzumschreibungen lag die Zahl unter der des Vorjahres. Corona
lässt grüßen, dazu kommt der Strukturwandel in der Automobilindustrie:
Auch Gebrauchtwagenkäufer schrecken davor zurück, sich
noch über Jahre an Autos mit Verbrennungsmotor zu binden, die
beim Wiederverkaufswert stark unter Druck geraten.
Das schlägt sich in den Büchern von Auto1 nieder: In den ersten
neun Monaten des Jahres 2020 ging der Umsatz im Vergleich zum
Vorjahr von 2,53 auf 2,05 Milliarden Euro zurück. Im vierten
Quartal, für das noch keine Zahlen öffentlich vorliegen, dürfte der
neuerliche Lockdown das Geschäft auch nicht wesentlich belebt haben.
Die Gruppe verdient neun Jahre nach ihrer Gründung noch
keinen einzigen Cent. Bei einem Umsatz von 2,8 Milliarden Euro
hat der bereinigte Betriebsverlust (Ebitda) von Auto1 nach vorläufigen
Berechnungen laut Börsenprospekt zwischen 14,8 und 15,8
Millionen Euro gelegen. Die bisherigen Eigentümer haben es auch
nicht eilig, das zu ändern. Das Geld aus dem Börsengang wollen sie
in Wachstum investieren. Die Gewinnzone für das Unternehmen
mit seinen gut 4000 Mitarbeitern peilen sie für das Jahr 2024 an.
Die Deutschland AG lässt grüßen
Immerhin könnte das Unternehmen den 600 Milliarden Euro
großen Gebrauchtwagenmarkt in der Europäischen Union konsolidieren.
Das jedenfalls ist die Hoffnung der Strippenzieher
im Hintergrund. Die Altaktionäre – von denen der japanische
26 BÖRSE am Sonntag · 06/21
Tech-Investor Softbank mit 20 Prozent
der größte ist – haben über eine Mehrzuteilungsoption
weitere sechs Millionen Aktien
platziert. Zwei Investoren der ersten
Stunde – Sequoia Capital und Lone Pine
– kaufen zusammen für rund 300 Millionen
Euro Aktien zum Angebotspreis und
haben damit vom Börsengang bereits üppig
profitiert. Mit Gerhard Cromme hat die
Auto1-Group zudem einen Aufsichtsratsvorsitzenden,
der das Bindeglied zwischen
dem Berliner Startup und jener nur noch
in Puzzlestücken zu erkennenden alten
Deutschland AG ist. Cromme leitete Konzerne
wie Siemens und ThyssenKrupp bevor
er sich aus den operativen Geschäften
zurückzog und seither als vielbeschäftigter
Multiaufsichtsrat unterwegs ist. Ihm zur
Seite steht mit Gerd Häusler an der Spitze
des wichtigen Prüfungsrats im Aufsichtsgremium
ein altgedienter Fahrensmann der
deutschen Finanzwirtschaft, der zuletzt als
Vorstandschef der Bayerischen Landesbank
eine führende Position bekleidet hatte.
Sie alle haben die gleiche Hoffnung wie
die Anleger: Die Auto1 Group soll die
Plattform für den Autohandel werden,
bevor Amazon auch diese Branche für
sich erobert. Oliver Stock
Foto: © autohero truck – AUTO1Group