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Neuer alter Börsenstern
Martin Daum
Foto © picture alliance dpa dpa-Zentralbild Britta Pedersen
ZITAT DER WOCHE
„Wir waren
spät dran bei der
Zulassung. Wir waren zu
optimistisch bei der Massenproduktion.
Und vielleicht
waren wir uns auch zu sicher,
dass das Bestellte tatsächlich
pünktlich geliefert
wird.“
Ursula von der Leyen, Präsidentin der
Europäischen Kommission
APHORISMUS DER WOCHE
„In der Gesellschaft sind
alle gleich. Es kann keine
Gesellschaft anders als auf
den Begriff der Gleichheit
gegründet sein.“
Johann Wolfgang von Goethe
(1749 - 1832)
Kopf der Woche
07 BÖRSE am Sonntag · 06/21
Der Chef der Truck-Sparte von
Daimler soll die Trennung vom
Mutterkonzern umsetzen. Was die
Anleger freut, ist für den Manager
eine Mammutaufgabe.
Wenn die Old Economy nochmal den
Sprung aufs Parkett wagt, dann sind es
oft auch Oldies, die dafür sorgen sollen,
dass es klappt. Martin Daum ist einer
von ihnen. Der 61jährige leitet die
Lastwagensparte im Daimler-Konzern.
Aus der Sparte soll in diesem Jahr eine
eigene Firma werden: Daimler Trucks.
Der Rest des Konzerns, die Autos also,
heißt dann wieder Mercedes Benz. Beide
Unternehmen, so will es Konzernchef
Ola Källenius, sollen sich als im Dax notierte
Konzerne an der Börse bewähren.
Vor einem halben Jahr noch galt Daum
als Mann aus einer anderen Epoche des
Stuttgarter Konzerns. Seine große Zeit ist
ein Jahrzehnt her: Damals erreichte der
Manager, dass die US-Nutzfahrzeugtöchter
Freightliner und Western Star wieder
Fahrt aufnahmen. Freightliner galt bis zum
Wechsel von Daum nach Stuttgart sogar
als profitabelste Lastwagenmarke der Welt.
Doch dann sank sein Stern. Kraftlos und
amtsmüde wirke er, lästerten Kollegen
und sorgten dafür, dass die Einschätzung
Illu © Cartoon Resource - Shutterstock.com
auch in den Zeitungen landete. Bei Auftritten,
wie etwa zur Weltpremiere eines
neuen Elektro-Trucks gab er auf großer
Bühne ein bisschen den pflälzischen
Steve Jobs: Das coole Outfit wollte nicht
wirklich zur biederen Rede passen. Intern
wunderten sich nicht wenige, so stand
beispielsweise im „Handelsblatt“, warum
der Leiter des wichtigen Truckgeschäfts
so viel Zeit an seinem Zweitwohnsitz in
Portland verbrachte – während in Europa
die Marktanteile scheinbar unaufhaltsam
sanken. Der Absatz stagnierte, die Rendite
gelangte nicht dahin, wo sie hinsollte.
Das Coronajahr 2020 lief für Daum jedoch
überraschend gut. Ein Betriebsgewinn von
einer guten halben Milliarde Euro stand
am Ende in den Büchern. Nicht berauschend,
aber angesichts der Tatsache, dass
die zur Sparte gehörenden Reisebusse in
der Pandemie kein Tourismusanbieter haben
will, ein beachtliches Ergebnis. Dazu
kommen interessante Kooperationen: etwa
die mit Volvo beim Thema Brensstoffzellen
Antrieb. Oder die mit Google, in der es
um den selbstfahrenden Truck geht. Und
auch Daum selbst gab Gas, wenn es darum
ging sich selbst zu präsentieren: Er startete
eine Podcast-Serie, zu der er Gesprächspartner
wie den Top-US-Ökonomen Jeremy
Rifkin oder die ehemalige US-Außenministerin
Madleine Albright gewann.
Die Investoren geben ihm vorsichtig ein
paar Vorschusslorbeeren: Die Aktie von
Daimler legte nach Bekanntgabe der
Pläne zwischenzeitlich um mehr als acht
Prozent zu. Seit Jahren steht der Konzern
in der Kritik, weil jeder, der eine
Daimler-Aktie erwirbt, Mitbesitzer eines
Auto- und eines Lastwagenherstellers
wird. Damit dürfte bald Schluss sein.
Daum muss allerdings dafür sorgen,
dass die Trennung mehr als eine Schönheitsoperation
für Anleger sein wird. oli