Rohstoffe
Bis zum letzten Sommer war die Welt der
Gold-Anleger in Ordnung: Wenn rundherum
das Chaos ausbricht, lehnten sie sich zurück
und genossen die Aussicht auf steigende Kurse
ihres Lieblingsmetalls. In allen Währungen
kletterte der Preis für eine goldene Feinunze
auf neue Allzeithochs. Analysten und Experten
schraubten ihre Prognosen nach oben und eine
Zeit lang sah es so aus, als sei der sichere Hafen
Gold zum Maß aller Dinge in der Pandemie
geworden.
Plötzlicher Strömungsabriss
Im August aber gab es einen Strömungsabriss.
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Der Hype war zu Ende und keiner wusste
wieso, weil die Pandemie doch ihren Lauf
nahm. Dennoch sank Monat um Monat der
Preis fürs Gold. Langsam zwar, dafür aber unerbittlich.
Am 8. März 2021 kostete die Unze
nur noch 1.677 US-Dollar – der tiefste Stand
seit neun Monaten war erreicht. Im Vergleich
zum Rekordhoch aus dem Sommer bei rund
2063 US-Dollar entsprach das einem Minus
von fast 20 Prozent.
Die Anleger rieben sich die Augen: Es waren
doch fast alle Faktoren noch da, die die
Rally ursprünglich eingeläutet hatten. Einige
davon hatten sich sogar verfestigt. Die Geldschwemme
der Notenbanken, die massiven
Staatsschulden, die niedrigen bis nicht vorhandenen
Zinsen, die anziehende Inflation. Nach
Lehrbuch sind dies alles überzeugende Gründe
für einen steigenden Goldpreis.
Was die Gold-Gläubigen allerdings nicht auf
dem Zettel hatten, waren die galoppierenden
Aktienmärkte. Nach den ersten positiven
Impfstoff-Nachrichten und einer sich abzeichnenden
Konjunkturerholung ging an den Aktienmärkten
die Post ab. Von Crash-Angst war
dort keine Spur mehr. Und wer keine Angst vor
Stürmen hat, sucht eben auch keinen „sicheren
Hafen“. Falls doch, dann landete das angelegte
Geld bevorzugt in Kryptowährungen,
dem neuen, digitalen Gold, das für einige zur
deutlich lohnenderen Alternative geworden ist,
bei der sie den möglichen Totalverlust erfolgreich
ausblenden. Dazu gingen die Goldkäufe
der Zentralbanken im Jahr 2020 um 60 Prozent
im Vergleich zum Vorjahr zurück. Um die
Corona-Hilfen der Regierungen zu stützen, war
den Währungshütern Liquidität wichtiger.
Die Erklärungen klingen nachvollziehbar. Und
sie haben an Plausibilität bis heute nichts verloren.
Und dennoch tritt jetzt, Mitte März, ein
neues Phänomen auf: Die Aktienkurse klettern
noch immer, aber auch der Goldpreis hat
sich davon anstecken lassen. Er ist auf bestem
Wege, eine nachhaltige Gegenbewegung nach
oben einzuleiten. Das Tief zu Beginn des Monats
ist ausgebügelt und aktuell kostet die Feinunze
Gold schon wieder rund 1740 US-Dollar.
Anleger sind verunsichert. Ist das nun ein
Kauf-Kurs? Oder nur eine kurzfristige Gegenbewegung
im übergeordneten Abwärtstrend?
Klare Meinung bei den Profis
Die Expertenmeinung dazu sieht so aus: Der
kräftige Ausbruch nach oben, der trotz starkem
Aktien-Momentum passiert, lässt Hoffnungen
zu, dass sich der Kurs nachhaltig aufrappelt.
Das Umfeld bleibt bullisch für den
Goldpreis. Mit der Verabschiedung des neuen,
1,9 Billionen Dollar schweren US-Konjunkturpakets,
dessen Geld dafür verwendet werden
soll, den Konsum in Fahrt zu bringen,
steigen die Inflationserwartungen. Die USNotenbank
Fed rechnet 2021 im Schnitt mit
2,4 Prozent. Im Februar lag die Rate bei 1,7
Prozent. Das heißt: In den kommenden Monaten
müssten die Raten auf rund drei Prozent
steigen, um der Fed-Prognose gerecht zu werden.
Gleichzeitig bleibt der Leitzins bei null
Prozent. Und das sehr wahrscheinlich bis mindestens
2023. Die ultralockere Geldpolitik soll
nach Meinung von Fed-Chef Powell, solange
bestehen, bis sich die US-Wirtschaft vollständig
von der Pandemie erholt hat. Damit,
schreibt die Scoiete Generale, habe er einen
zentralen Grundsatz der Geldpolitik, nämlich
präventiv gegen Inf lation vorzugehen, verworfen.
Das sieht auch Joachim Schallmayer,
Kapitalmarktexperte bei der Dekabank so und
ist überzeugt: „Die Notenbanken werden längerfristig
eine expansive Geldpolitik verfolgen,
GOLD IST KEINE
RELIGION. ABER
ES LOHNT SICH,
DARAN ZU
GLAUBEN
Der Goldpreis zieht
wieder an. Noch ist
Zeit für den Einstieg.
Denn Experten sind
sich einig: Angesichts
einer steigenden Inflation
und dem Unwillen
der Notenbanken
ihr derzeit Einhalt zu
gebieten, steht in diesem
Jahr eine neue
Goldpreisrally an.