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hätten in Politik und Geldpolitik zu Entscheidungen
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geführt, die lange nachwirken
würden. Der scheidende Präsident nennt das
„andauernden Krisenmodus“. „Mir war es
dabei immer wichtig, dass die klare, stabilitätsorientierte
Stimme der Bundesbank deutlich
hörbar bleibt“, fügt er hinzu, womit klar
wird, dass er nun mit einem Verschwinden
dieser deutlichen Meinung rechnet.
Legendär ist Weidmanns Auftreten gegenüber
dem ehemaligen EZB-Präsidenten und
jetzigen italienischen Ministerpräsidenten
Mario Draghi, als dessen profiliertester Gegner
er sich in Stellung brachte. Und das mit
Billigung von Angela Merkels, deren wirtschaftspolitischer
Berater Weidmann vor seiner
Berufung an die Bundesbank-Spitze war.
Im September 2012, als die EZB beschloss,
im Notfall unbegrenzt Anleihen einzelner
Euro-Länder zu kaufen, fragten. Journalisten
Draghi nach der Ratssitzung, ob die Entscheidung
einstimmig gefallen sei. Der lächelte
daraufhin leicht, und sagte, es habe eine Gegenstimme
gegeben: „Ich überlasse es Ihnen,
darüber zu spekulieren, wer das war.“ Wer
weiter fragte, bekam von Draghi, der stets
englisch sprach, eine Antwort auf deutsch:
„Nein zu allem“ sei keine Lösung sagte er und
spätestens da war klar, dass Weidmann dieser
„Dr. No“ war, der Draghi nervte. Mit Draghis
Nachfolgerin Christine Lagarde verbindet
Weidmann ein kollegiales Verhältnis, in der
Sache liegen aber auch zwischen den beiden
Welten: Weidmann sei ein guter persönlicher
Freund, auf dessen Loyalität sie jederzeit
habe zählen können. Er verfüge über eine
beispiellose Erfahrung und habe eine klare
Haltung zur Geldpolitik. Doch sie sei stets
beeindruckt gewesen von seinem Willen, im
EZB-Rat nach Gemeinsamkeiten zu suchen,
schrieb Lagarde als Reaktion auf Weidmanns
Rücktrittsankündigung.
Wer ihm an die Spitze der Bundebank nachfolgt,
muss nun die sich formierende Koalition
in Berlin aushandeln. FDP-Chef
Christian Lindner, der als möglicher Finanzminister
direkt von EZB und Bundesbank-
Entscheidungen betroffen wäre, twitterte,
Weidmann habe für „eine stabilitätsorientierte
Geldpolitik“ gestanden, deren Bedeutung
angesichts von Inflationsrisiken wachse.
„Mit ihm war die Deutsche Bundesbank eine
wichtige Stimme in Europa. Die FDP empfiehlt
Deutschland Kontinuität.“ Reinhold
von Eben-Worlée, Präsident des Verbands
Die Familienunternehmern, beklagte: „Mit
Jens Weidmann verlieren wir einen wichtigen
Mitstreiter für stabilitätsorientierte
Geldpolitik.“
Sowohl Claudia Buch, die Vizepräsidentin der
Bundesbank, als auch Isabell Schnabel, Mitglied
des Direktoriums der EZB, sind mögliche
Kandidatinnen für dieses Amt. Beide stehen
allerdings längst nicht in dem Maße wie Weidmann
für eine klare ordnungspolitische Haltung.
Wenn die Wahl nicht auf eine Frau fallen
sollte, gilt Jörg Kukies (SPD) als Kandidat. Der
Foto © picture alliance / greatif | Florian Gaul
Staatssekretär von Noch-Bundesfinanzminister
und möglichem nächsten Kanzler Olaf Scholz
ist der frühere Deutschland-Chef der Investmentbank
Goldman-Sachs. Gehandelt wird
auch der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts
DIW Marcel Fratzscher. Er war einst Leiter
der Abteilung für wirtschaftspolitische Analysen
in der EZB. Oliver Stock
Indizes
Index % seit Jahresbeg. 52W-Hoch 52W-Performance
Dow Jones 36157,58 +18,14% 36178,51 +29,84%
S&P 500 4660,57 +24,08% 4663,46 +35,35%
NASDAQ 15811,58 +22,68% 15821,58 +36,42%
DAX 16042,22 +16,94% 16050,60 +30,17%
MDAX 35909,76 +16,60% 36428,86 +31,82%
TecDAX 3943,29 +22,74% 3990,76 +33,02%
SDAX 17385,97 +17,75% 17397,12 +42,93%
EUROSTX 50 4331,61 +21,93% 4340,81 +37,03%
Nikkei 225 29794,37 +8,56% 30795,78 +25,74%
Hang Seng 25225,19 -7,37% 31183,36 +1,36%