Aktien & Märkte
Notenbanken bleiben Zünglein an der
Waage
Der Blick in die Glaskugel ist nie einfach. Doch
in diesem Winter scheinen die Unwägbarkeiten
besonders groß. Gerade, was die Aktienmärkte
anbelangt. 2021 war ein insgesamt starkes Börsenjahr.
12
Der Corona-Crash aus dem März des
vorigen Jahres wurde branchenübergreifend
überwunden. Die Kurse vieler Unternehmen haben
neue Rekordhöhen erreicht. Die Bewertungen
stehen hoch. Eigentlich eine gute Ausgangsposition.
Wenn da nicht die mit Entdeckung der
neuen Omikron-Variante erneut ungewisse Corona
Lage wäre. Und die Lieferkettenprobleme.
Und der Konflikt zwischen China beziehungsweise
Russland und dem Westen. Und die Inflation.
Und die hohen Staatsschulden.
Es ist eine ganze Menge, das sich da 2021 an
Risikofaktoren angesammelt hat. Allein, den
Märkten war das bislang ziemlich egal. Wird das
2022 zum Problem? Die Georisiken abzuschätzen
ist ein Ding der Unmöglichkeit. Über das
Wohlergehen von Anlegern dürften deshalb auch
im kommenden Jahr in erster Linie die Notenbanken
entscheiden. Und sehr viel wird dabei an
der Frage hängen, ob Fed und EZB es schaffen,
den zuletzt rasanten Anstieg der Inflationsraten
einzubremsen, ohne die Zinsen zu erhöhen.
„Das Jahr 2022 steht ganz im Zeichen der Zinsentwicklung“,
schreibt Dr. Jens Ehrhardt, Gründer
und Vorstandsvorsitzender der DJE Kapital
AG. Die Deutsche Bank wird noch deutlicher:
„Das Jahr 2022 dürfte das Jahr der Zinswende
werden. Die hohe Inflation und die weitere
18.000
Punkte, sagt Chefanlagestratege der DZ-Bank,
Christian Kahler, für den Dax in 2022 voraus.
Wirtschaftserholung werden vor allem die USNotenbank
Fed zum Handeln zwingen.“
„Eine Wende der US-Zinspolitik erwarten wir
bereits Mitte 2022, in der Eurozone dürfte –
stand jetzt – eine solcher Schritt erst gegen Ende
2023 anstehen“, prognostiziert Stefan Schneider,
Chefvolkswirt der Researchabteilung für
Deutschland. „Sollte die Inflationsrate bis zum
Ende dieses Jahres oder gar Anfang 2022 allerdings
nicht nachhaltig zurücksetzen, ist es fraglich,
ob die Fed ihre sehr lockere Geldpolitik
nicht doch schneller zurückfahren muss.“
Was passiert dann an den Märkten? Gibt es den
vielfach heraufbeschworenen Crash in Folge steigender
Zinsen?
„Sollten die Zinsen steigen, wird sich dies konjunkturell
bei Konsum und Investitionen massiv
negativ auswirken. An den Aktienmärkten
kommt dann auch zum Tragen, dass die Bewertungen
historisch hoch sind und die Überinvestierung
der Anleger in Aktien historische
Extreme erreicht hat“, glaubt Investmentspezialist
Jens Ehrhardt. Viel hängt hier jedoch auch davon
ab, wie schnell die Notenbanken im Fall der Fälle
die Zinsen erhöhen – und wie stark. Je nachdem
könnte die Rally an den Märkten dann auch ihre
Fortsetzung finden. „In der Vergangenheit sind
allen Börsenjahren mit über 20 Prozent Indexplus,
wie bisher in diesem Jahr, im Folgejahr in
der Regel Aufwärtsbewegungen in zweistelliger
Prozentzahl gefolgt“, schreibt Erhardt.
Gerold Permoser, Chief Investment Officer der
Erste Asset Management, glaubt vor allem mit
Blick auf die möglichen Zuwächse beim Wirtschaftswachstum
an weiter steigende Kurse.
„Wir erwarten, dass die Gewinne 2022 weiter
steigen werden. Wir gehen von Zuwachsraten
im Ausmaß des nominalen Wirtschaftswachstums
– in der entwickelten Welt zwischen fünf
und zehn Prozent – aus.“ Damit sollten Aktieninvestoren
auch mit Kursanstiegen in diesem
Ausmaß rechnen können. „Zumal Alternativen
zu Aktien weiterhin rar gesät sind“, so Permoser
weiter.
Optimistisch ist auch der Chefanlagestratege
der DZ-Bank, Christian Kahler. Für den DAX
sagt Kahler historische 18.000 Punkte voraus:
„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben – wenn
die Aufträge aufgrund von besser funktionierenden
Lieferketten erfüllt werden können, ist
die Fahrt frei – insbesondere für Zykliker und
deutsche Aktien“, so seine Einschätzung. Die
Deutsche Bank peilt 17.000 Punkte an. Den
Euro Stoxx 50 erwarten die DZ-Bank-Analysten
Ende 2022 bei 4.800 Zählern. In den USA
werden nach Ansicht der Bank neben Zyklikern
und konjunkturunabhängigen Firmen – insbesondere
Big Techs – starke Ergebnisse liefern.
„Der S&P 500 sollte auf Jahressicht auf 5.200
Zähler klettern“, heißt es im Ausblick. „Weitere
Top-Performer dürften neben dem Tech-Sektor
Energieunternehmen und Banken sein.“
„Das größte Risiko für Anleger ist 2022, nicht
am Aktienmarkt investiert zu sein“, ist Kahler
deshalb überzeugt. Er könnte damit Recht behalten.
Schließlich bleibt auch bei steigenden
Zinsen das Zinsniveau niedrig und Anleihen
damit im Vergleich zu Aktien wenig attraktiv.
Aktien
Dow Jones Industrial Average Stand: 11.12.2021 S&P 500 Stand: 11.12.2021 DAX Stand: 11.12.2021