Inflation aufgezehrt worden. „Demnach gab es
auch keine Reallohnsteigerung gegenüber dem
Vorjahr“, erklärt die Statistikerin des Bundesamtes
Susanne Geisler.
In diesem Jahr wird es für Beschäftigte voraussichtlich
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besser. In den meisten EU-Länder
dürften sie von einer kräftigen wirtschaftlichen
Erholung profitieren. In Deutschland sind beispielsweise
die Auftragsbücher im Maschinenbau
so voll wie schon lange nicht mehr. Bisher
wurden wichtige Branchen neben der Omikron
Welle auch von fehlenden Halbleitern und
Rohstoffe ausgebremst. „In der Europäischen
Union verzeichnet Ungarn mit 5,8 Prozent die
höchste durchschnittliche Gehaltsentwicklung.
Deutschland liegt mit einem realen Plus von drei
Prozent im Mittelfeld“, erklärt Carolin Katzera,
Consultant bei Kienbaum, die Ergebnisse einer
Gehaltsstudie.
Schon wird befürchtet, dass die Gewerkschaften
mit hohen Forderungen die Inflation weiter anfachen.
„Das ist eine Preis-Lohn-Spirale und nicht
umgekehrt“, erklärt Roman Zitzelsberger. Der
Stuttgarter IG Metall-Chef will im kommenden
Herbst in seiner Branche die Tarifverhandlungen
anführen. Zwar sieht er ein höheres Entgelt als
das zentrale Thema, doch er dämpft allzu forsche
Erwartungen. „Aktuell gibt es viele Faktoren, die
die Wirtschaft einbremsen können. Daher ist es
ratsam, auf Sicht zu fahren“, sagt Zitzelsberger.
Tarifverträge seien auch nicht dazu gedacht,
Fehlentwicklungen bei den Preisen auszugleichen.
Zitzelsberger, sieht hier die Politik in der
Pflicht und mahnt angesichts explodierender
Energiekosten entschlossenes Handeln an: „Mit
ein paar Gutscheinen ist es hier nicht getan.“ .
Fachkräftemangel und neuer Mindestlohn
treiben Gehälter
Die Personalkosten werden aber auch unabhängig
vom Ausgang der Tarifverhandlungen
Zum 1. Oktober soll der Mindestlohn auf
zwölf Euro steigen – ein Plus von 20 Prozent.
Damit will die Ampel-Koalition ein
zentrales Wahlkampfversprechen einlösen.
Während das Vorhaben bei der Bevölkerung
auf große Zustimmung stößt, haben
es zahlreiche Wirtschaftsverbände in den
vergangenen Wochen lautstark abgelehnt.
Ein höherer Mindestlohn sorgt gerade in
der Gastronomie oder im Einzelhandel für
bessere Bezahlung, aber auch bei Dienstleistern
generell. Experten erwarten, dass
nicht nur jene profitieren, dessen Stundenlohn
bisher unter zwölf Euro liegt, sondern
auch Beschäftigte oberhalb des neuen
Mindestlohns. Andernfalls liefen Arbeitgeber
Gefahr, diese Kräfte zu verlieren.
Preistreiber Europäische
Zentralbank
Für Stefan Kooth, Leiter des Forschungszentrums
Konjunktur und Wachstum am Kieler
Institut für Weltwirtschaft, ist die Europäische
Zentralbank (EZB) der Preistreiber. Die
Notenbanken können sich nicht mit dem
Verweis auf Dekarbonisierung und Demografischem
Wandel herausreden und deshalb
die Preise laufen lassen. Seiner Ansicht
nach muss die EZB endlich den „Fuß vom
Gas nehmen“, und meint damit die Politik
des billigen Geldes. „Sonst droht Wirtschaft
noch zu überhitzen.“ Als weiteren Treiber
macht Kooth die neue Bundesregierung aus,
die ohne Grund eine Wirtschaft anheizt, die
sich ohnehin in voller Fahrt befindet. Das
IW rechnet für 2022 mit einer Teuerungsrate
von vier Prozent. „Die gestiegenen Erzeugerpreise
sind am Markt noch nicht angekommen“,
warnt Kooth. Am Ende könne
man die vier Prozent sogar noch übertreffen.
So können die Gehälter zwar üppig zulegen
und dennoch bleibt am Ende weniger in der
Kasse. Andreas Kempf und Florian Spichalsky
deutlich anziehen. Treiber ist der Kampf um
die besten Köpfe. In der aufstrebenden Region
Ulm, mit einer Arbeitslosenquote unter drei
Prozent nennen die Mitglieder der dortigen
IHK den Personalmangel aktuell in einem
Atemzug mit den gravierenden Lieferengpassen.
Und die Lage wird sich weiter zuspitzen.
Die Konjunkturforscher des IW gehen davon
aus, dass bereits im kommenden Jahr der Zenit
der Beschäftigung überschritten sein wird.
Dann werden die Unternehmen erst recht um
die Spezialisten Schlange stehen.
Dem Ifo-Institut zufolge fehlten noch nie so
vielen Firmen Fachkräfte wie derzeit. Laut
einer aktuellen Befragung geben gut 80 Prozent
der Personalleiter an, dass sie 2022 auf der
Suche nach Fachkräften sein werden. Ein nahezu
genauso großer Teil rechnet damit, dass
die Löhne um durchschnittlich 4,7 Prozent
zulegen. 21 Prozent erwarten gleichbleibende
Löhne, sinkende Löhne werden nur vereinzelt
prognostiziert. „Im Dienstleistungsbereich
wird der Lohnanstieg mit durchschnittlich
5,8 Prozent voraussichtlich am höchsten ausfallen“,
heißt es im Bericht des Instituts. Dagegen
erwarten Industrie- und Handelsbetriebe
Lohnsteigerungen um durchschnittlich vier
Prozent.
Auch Korbinian Nagel vom Jobvermittler
Stepstone führt den Faktor Arbeitsmarkt ins
Feld. „Unternehmen konkurrieren um immer
weniger Bewerber, was sich in den Gehaltsniveaus
niederschlägt“. Schon heute entscheide
das richtige Gehalt und der transparente Umgang
damit darüber, ob sich Jobsuchende für
einen Arbeitgeber entscheiden oder nicht.
„Der Faktor Gehalt wird in Zukunft noch
stärker zum strategischen Hebel im Kampf
um die besten Mitarbeiterinnen“, meint Nagel.
Die geplante Erhöhung des Mindestlohnes
dürfte die Gehälter zusätzlich treiben.
Foto © unsplash - Charlotte Venema
Inflationsraten D und Eurozone Stand: 17.02.2022