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verantwortungsvollen und nachhaltigen Industrie
zu bekennen in der die Geschäftsethik im
Vordergrund steht. Die Autokäufer von morgen
werden sehr genau hinterfragen, woher die
Rohstoffe für ihr Fahrzeug kommen und unter
welchen Bedingungen sie abgebaut wurden.
Keine Frage. Es braucht einen rohstoffstrategischen
Paradigmenwechsel: Die Energie- und
Rohstoffversorgung Europas steht auf unsicheren
Füßen und sie ist weit von heutigen
Nachhaltigkeitsstandards entfernt. Nun müssen
die Liefer- und Wertschöpfungsketten neu
gedacht werden, um sie mittels eigener Versorgungsautarkien
nachhaltig zu sichern.
Das Ziel ist die Versorgungsautarkie mit kritischen
Rohstoffen und der Weg dahin heißt:
Vertikale Integration.
Vertikale Integration bringt verschiedene Vorteile
mit sich: Autarkie, Verkürzung der Lieferketten,
Reduktion des CO²-Fussabdrucks,
wirtschaftliche sowie politische Unabhängigkeit,
Kostenreduktion, die Schaffung neuer
Geschäftsmodelle und Arbeitsplätze. All diese
Vorteile werden vor allem eine Stärkung der
Wirtschaftsleistung zur Folge haben, weil die
Wertschöpfung vor Ort stattfindet und nicht
in Ländern wie China. Daher spricht man
auch von einer vertikalen Wertschöpfung.
Die Zeitenwende erstreckt sich auch auf
den Energie- und Rohstoffsektor, der jetzt
für Europa neu sortiert als auch positioniert
werden muss, um künftig eine unabhängige
Versorgung von Rohstoffen sicherzustellen.
Auch Europa verfügt über eine Vielzahl von
Rohstoffreserven – ein bislang ungenutztes
großes Potential, das zu einer Renaissance des
europäischen Bergbaus führen wird. Und hier
kommt Norwegen ins Spiel. Bisher haben die
Europäer immer in Afrika oder in Südamerika
nach Rohstoffen gesucht, aber nie zuhause
selber Rohstoffressourcen erschlossen. Man
wusste, dass Skandinavien über große Rohstoffvorkommen
verfügt, doch das Investment
schien lange nicht attraktiv. Norwegen stand
immer als Synonym für Öl und Gas. Künftig
wird das Königreich im Norden auch als
nachhaltiger und sicher Rohstoffexporteur für
Europa eine Schlüsselrolle spielen.
Allein auf dem Lizenzgebiet unseres Unternehmens
Norge Mining in Südnorwegen
befinden sich auf einem kleinen Teilgebiet
von zehn Prozent der Gesamtfläche mindestens
für die nächsten 75 Jahre Vorkommen
der kritischen Rohstoffe Phosphat, Titanium
und Vanadium, die gefördert werden können,
ohne dass sie zur Neige gehen. Phosphat ist als
Batteriegrundstoff wichtig für die Mobilitätswende
aber genauso für die Düngemittelerzeugung,
also für die Ernährungssicherheit. Vanadium
benötigt man für nachhaltige Batterien
und Speicherkapazitäten erneuerbar erzeugter
Energien. Und Titan benötigt man für die
Stahlerzeugung, Luft- und Raumfahrt sowie
Verteidigungsindustrie.
Der Standort Norwegen als auch diese Vorkommen
sind für Europa und für den Westen
ein „game changer“ und zwar in politischer
als auch strategisch-wirtschaftlicher
Hinsicht. Europa und darüber hinweg der
Westen – können sich durch diese Ressourcen
in Norwegen zumindest von den Rohstoffen
Phosphat, Titanium und Vanadium die komplette
Unabhängigkeit sichern – mit sicheren
und kurzen Lieferwegen. Damit ist die europäische
Wirtschaft nicht länger von Drittstaaten
wie etwa Russland, Marokko, Kasachstan
aber insbesondere von China abhängig und die
Energiewende ist weniger geopolitischen Risiken
ausgesetzt.
Der furchtbare Krieg in der Ukraine wird
die grüne Wende und die Umsetzung der Beschlüsse
von Glasgow vom letzten November
noch beschleunigen, die Politik und die Wirtschaft
wollen von einer Abhängigkeit von Öl
und Gas, beides auch politisch schwer belastete
Rohstoffe, loskommen. Erneuerbare
Energieformen bedeuten nicht nur Klima- und
Umweltschutz sondern auch Unabhängigkeit.
Als Rohstoffunternehmen werden wir mit
unseren kritischen Rohstoffen die Grundlage
liefern, damit eine saubere Mobilitätswende
erst möglich wird. Schätzungen zufolge wird
die Zahl zugelassener Elektrofahrzeuge weltweit
bis 2040 auf rund 400 Millionen steigen.
Es werden unzählige Batterien dafür benötigt,
die Rohstoffe dafür müssen künftig aus nachhaltigen,
aber vor allem aus sicheren sowie politisch
stabilen Regionen und Quellen wie etwa
Norwegen kommen und Regularien wie dem
Lieferkettengesetz oder den 17 Zielen der nachhaltigen
Entwicklung entsprechen. Die hiesigen
Autobauer müssen umdenken und im Sinne
einer vertikalen Integration und Positionierung
sich neue Partner als Rohstofflieferanten suchen
– in Norwegen werden sie sie finden.
Über den Autor: Michael Wurmser
ist Gründer des britisch-norwegischen
Rohstoffunternehmens Norge Mining
Foto © Erkundungsbohrungen - Norge Mining
Erkundungsbohrungen in
Südnorwegen bestätigen ein
Weltklassevorkommen der
kritischen Rohstoffe Phosphat,
Titanium und Vanadium.
Quelle: Norge Mining.
Gastbeitrag