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Flüchten, wenn der Staat zugreift?

In der Krise hilft der Bund notleidenden Konzernen aus dem Schlamassel. Das war 2008 so und wiederholt sich nun in der Corona-Pandemie. Was Unternehmen rettet, legt den Aktienkurs jedoch häufig auf Eis.

Die Lufthansa-Maschinen könnten bald wieder abheben. Dem Aktienkurs droht nach dem Staatseinstieg der Stillstand. (Foto: Lukas Wunderlich / Shutterstock)

In der Krise hilft der Bund notleidenden Konzernen aus dem Schlamassel. Das war 2008 so und wiederholt sich nun in der Corona-Pandemie. Was Unternehmen rettet, legt den Aktienkurs jedoch häufig auf Eis.

In der Finanzkrise waren es die Banken. In der Pandemie sind es Airlines und Reiseveranstalter. Die Lufthansa und Tui kommen ohne staatliche Hilfe nicht durch diese Krise. Abgezeichnet hatte sich das bereits wenige Tage nach dem globalen Corona-Ausbruch im März des vergangenen Jahres. Wenn kaum noch ein Flieger abhebt und keiner mehr verreisen mag, schmelzen die Reserven in Schallgeschwindigkeit dahin. Bei der Lufthansa stieg der Bund also im Eiltempo ein und hält über den staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) nun 20 Prozent an Deutschlands bedeutendster Fluglinie. Im Gegenzug gab es aus Berlin einen Milliardenkredit.

Einen solchen staubte auch TUI ab. Die Staatsbeteiligung ließ hingegen auf sich warten. Seit Januar kann sich Deutschland aber nun auch bei dem Reiseveranstalter mit 25 Prozent einkaufen. Darauf einigten sich die bisherigen Anteilseigner in einer außerordentlichen Hauptversammlung. Reizt der Bund die Option voll aus, bekäme er sogar die sogenannte Sperrminorität zugesprochen. Der Staat dürfte also bei wichtigen und strategischen Entscheidungen mitbestimmen, respektive sein Veto einlegen.

Beide Branchengrößen sind damit bis auf weiteres gerettet. Und die Börse hat zwei prominente Beispiele mehr, an denen der Staat große Aktienpakete hält oder sehr bald halten wird. Für Anleger stellt sich entsprechend die Frage: Was macht das mit dem Aktienkurs?

Die zunächst kurze Antwort: In aller Regel macht dieser keine großen Sprünge mehr. Es gibt Ausnahmen, doch wer auf die Unternehmen blickt, bei denen die öffentliche Hand ihre Finger im Spiel hat, der sieht hierzulande meistens eher bequeme Kursverläufe.

Telekom und Post – Die Staatsbeteiligung als Hemmnis

Anschaulichstes Beispiel dafür ist die Aktie der Deutschen Telekom, an der der Bund über 30 Prozent der Anteile hält – 14,5 Prozent direkt, 17,5 Prozent über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Seit bald 20 Jahren dümpelt der Telekom-Kurs meist irgendwo zwischen zehn und 15 Euro umher. Aus Anlegersicht ist das eine Stabilität, die mit Blick auf die gewaltigen Kurssteigerungen des Gesamtmarktes im gleichen Zeitraum, wenig lockt. Dabei lief es für die Telekom zuletzt immer besser. Mit der Übernahme von Sprint, ist Tochter T-Mobile in den USA zum zweitgrößten Mobilfunkanbieter aufgestiegen. Die Umsätze steigen, die Gewinne sprudeln. Allein, im Aktienkurs findet sich bislang nichts davon wieder. Die Staatsbeteiligung hemmt. Im Fall der Telekom nicht mal so sehr das operative Geschäft, aber eben trotzdem den Aktienkurs.

Besser sieht es da schon bei der Deutschen Post aus. Allerdings nur dank eines Zwischenspurts infolge des Corona-Paketbooms. Noch Anfang 2019, sowie in der direkten Folge des Covid-Crashs war die Post-Aktie in etwa so viel Wert, wie zum Börsengang im Jahr 2000. Auch jetzt rast der Kurs nicht nach oben. Dabei waren die Zahlen für 2020 glänzend. Entsprechend der hohen Bewertungen am Markt, könnte die Aktie durchaus höher stehen. Grund für die vorsichtige Klettertour könnte der Staat sein, der über die KfW noch mit rund 20 Prozent beteiligt ist.

Commerzbank als besonders abschreckendes Beispiel

Besonders mies läuft es seit dem Staatseinstieg bei der Commerzbank. Auf geringem Niveau fällt der Kurs stetig ab. Auf Zehnjahressicht steht ein Minus von fast 90 Prozent. Hier hängt der Kursverfall eng mit der realwirtschaftlichen Performance zusammen. Von der Krise 2008 hat sich das Geldhaus bis heute nicht erholt. Das wiederum könnte seine Gründe aber auch in der Beteiligung des Bundes haben. Häufig schon wurde über den Sanierungsstau bei der Bank berichtet, ein zukunftsorientiertes, aussichtsreiches, digitales Geschäftsmodell fehlt bis heute. Hier hat die Staatsbeteiligung weniger den Kurs bequem gemacht, als das Unternehmen selbst.

Ein weiteres mahnendes Beispiel ist Volkswagen. Am zweitgrößten Autobauer der Welt hält das Land Niedersachsen noch immer 12,5 Prozent der Anteile und – noch viel wichtiger – 20 Prozent der Stimmrechte. Niedersachsen hat also Veto-Recht bei wichtigen Entscheidungen. Das ist aus Anlegersicht gerade deshalb brisant, da das Land stets darum bemüht ist Arbeitsplätze vor Ort zu erhalten und so notwendige Restrukturierungen im Konzern blockieren kann.

Aus der Reihe tanzte bis zum Corona-Ausbruch der Flugzeugbauer Airbus. Deutschland hält an dem europäischen Gemeinschaftskonzern genauso Anteile, wie Frankreich und Spanien. Über Jahre hinweg stieg der Kurs dank einer boomenden Luftfahrindustrie. Wer rechtzeitig einstieg, konnte fleißig mitverdienen. Airbus kommt aber eine Sonderrolle zu, da der Flugzeugbauer gemeinsam mit Boeing ein Quasi-Duopol darstellt. Es mangelt also an Konkurrenz. Werden wichtige Weichen für die Zukunft nicht gestellt, fällt das zunächst kaum ins Gewicht.

Die Mäßigkeit dominiert, der Kursstillstand droht

Ein Blick auf einen Großteil der staatsbeteiligungserprobten Unternehmen macht aus Anlegersicht aber unzweifelhaft wenig Lust auf ein Investment. Eine Staatsbeteiligung kann für Sicherheit und Stabilität sorgen, die Aktie zu einer Art sicheren Hafen machen. Für weniger risikobewusste Anleger ließe sich vergleichsweise unaufgeregt investieren, bei mitunter stattlichen Dividendenrenditen. Bei der Telekom liegt diese aktuell bei vier Prozent, bei der Deutschen Post bei drei Prozent.

Zum einen aber ist die Sicherheit, insofern sie nicht garantiert ist, nur eine Scheinsicherheit. Zum anderen kauft man den Staatseinfluss immer mit. Der Bund kann, wenn er will, den Kurs des Unternehmens entscheidend lenken – und damit auch den der jeweiligen Aktie. Auch das ist ein Risiko.

Alles in allem führt das häufig in den Kurs-Stillstand, oder wie im Falle der Commerzbank gar zu einem Kurseinbruch. Gerade bei Investments in Unternehmen, die infolge einer Krise in Staatshand rutschen, sollten Anleger sich immer vor Augen halten, dass es aktuell möglicherweise niemanden gibt, der das betreffende Unternehmen kaufen will, außer eben den Staat. Das ist meist kein gutes Zeichen, denn der Staat kauft dem Unternehmen wiederum nur Zeit. Für eine Restrukturierung taugt er nicht. Das dürfte wohl auch für TUI und die Lufthansa gelten.

Oliver Götz

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