Covestro – von der Erschaffung eines Chemiegiganten
Bayer war die letzten Jahre so etwas wie die Vorreiteraktie des DAX. Anleger waren mit dem Anteilsschein mit Bayer- Kreuz durchgehend zufrieden. Ob die Abspaltung des mit einem kreisrunden Firmenlogo versehenen Chemieriesen Covestro auch nur annähernd so erfolgreich wird, muss sich zeigen – aber der Anfang ist geglückt.
Bayer war die letzten Jahre so etwas wie die Vorreiteraktie des DAX. Anleger waren mit dem Anteilsschein mit Bayer- Kreuz durchgehend zufrieden. Ob die Abspaltung des mit einem kreisrunden Firmenlogo versehenen Chemiereisen Covestro auch nur annähernd so erfolgreich wird, muss sich zeigen – aber der Anfang ist geglückt.
80 Jahre ist es her, dass der Chemiker Otto Bayer den Werkstoff Polyurethan erfunden hat. Daraufhin entstand im bereits bestehenden, überaus erfolgreichen und weitverzweigten Bayer-Konzern die Unternehmenssparte „Material Science“. Diese Sparte war schon bald überaus erfolgreich. Über sie erwirtschaftete die Bayer AG im letzten Jahr bei einem Jahresumsatz von 11,7 Milliarden Euro rund 27 Prozent des Konzerngewinns – rund 800 Millionen Euro.
Die ehemalige Sparte des Bayer-Konzerns ist seit dem 1. September 2015 ein wirtschaftlich und rechtlich eigenständiges Unternehmen; zunächst soll sie als Unternehmenstochter, später als börsennotiertes Unternehmen agieren. Covestro seinerseits besteht im Kern aus drei Segmenten. Zum einen ist dies die Produktion von Polyurethanen, die etwa für Fassadendämmung, in Kühlgeräten, Matratzen oder Polstermöbeln eingesetzt werden. Desweiteren produziert Covestro Polycarbonat, das zum Beispiel in CD-Hüllen, Brillengläsern oder Sportgeräten zu finden ist – und in Autokarosserien. Im dritten Segment (CAS) stellt der Konzern Inhaltsstoffe für Farben, Klebstoffe und chemische Spezialprodukte her.
2016 an die Börse
Covestro-Chef Patrick Thomas blickt selbstbewusst in die Zukunft: „Bis spätestens Mitte 2016 soll der Börsengang erfolgen.“ Aufgrund der enormen Größe – Experten schätzen eine Marktkapitalisierung von gut zehn Milliarden – traut man Covestro sogar den Sprung in den DAX zu. Doch Thomas hält sich hierzu noch bedeckt: „ Das werden wir dann sehen, denn eine Aufnahme in den DAX hängt von vielen Faktoren ab.“ Doch der aus Portsmouth an englischen Südküste stammende Manager verkündet mit einem gewissen britischen Stolz: „Mit einem Umsatz von 11,7 Milliarden sind wir jedenfalls der viertgrößte Chemiekonzern Europas.“
Auch Lanxess ging einst aus einer Abspaltung des Leverkusener Chemieriesen hervor, ging aber einen ganz anderen Weg, als ihn Covestro einschlagen möchte. Während Lanxess von Beginn an auf Abgrenzung aus war und zum Beispiel die Zentrale nach Köln verlegte, setzt Covestro auf die starke Bayer-Tradition. Aus dem Bayer-Kreuz ist nun ein Covestro-Kreis geworden, der ein wenig dem Goetheschen Farbkreis entlehnt ist – die Farben blau und grün findet man dort prominent wieder. „Wir sind stolz auf unsere Mutter, aber jetzt ist es an der Zeit, auf eigenen Füßen zu stehen“ betont Patrick Thomas. Derzeit ist allerdings noch unklar, ob die Aktie klassisch über die Börse verkauft wird (IPO) oder den Bayer- Aktionären ins Depot gelegt wird (Spin-Off).
Und der Bayer-Konzern? Der ist nun ein reines „Life-Science-Unternehmen“, das fortan nur noch aus den Sparten „Health Care“ (Gesundheit) und „Crop Science“ (Pflanzenschutz) besteht. Die Aktionäre scheinen den Schritt, Bayer mehr auf Linie zu bringen und die Materialwissenschaften extern zu bündeln, durchaus zu goutieren. Die Bayer-Aktie legte seit der Covestro-Ausgliederung in nur vier Tagen um rund fünf Prozent zu, büßte diese Gewinne zwar zum Wochenschluss weitgehend ein – doch das ändert vorerst nichts am bekannten, langfristig positiven Kurs: Bayer war auch in der Vergangenheit fast immer ein Garant für Kursgewinne. Allein im letzten Jahr waren es knapp 20 Prozent. Die Jahre davor liefen sogar noch besser, und so gab es, über die letzten drei Jahren gerechnet, Kursgewinne von rund 95 Prozent und damit quasi ein Verdoppelung des Börsenwertes. Betrachtet man die Aktie langfristig, ist die Bilanz noch besser. In fünf Jahren haben die Bayer-Anteile um 147 Prozent zugelegt, in den letzten zehn Jahren sogar um 320 Prozent.
Bayer war in den letzten Jahren fast durchgehend erfolgreicher als der DAX-Durchschnitt. Das Leverkusener Unternehmen scheint so etwas der Streber in Deutschlands Premium-Index zu sein. Auch die vorgelegten Zahlen zum zweiten Quartal überzeugen. Der Konzernumsatz konnte im Vergleich zum Vorjahrsquartal um 18,2 Prozent auf 12,1 Milliarden gesteigert werden. Noch beeindruckender ist das Konzernergebnis, das sogar um 20,9 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro gesteigert wurde. Health Care überzeugte mit deutlichen Umsatz und Ergebnissteigerungen, Crop Science blieb auf dem Niveau des Vorjahresquartals. Vor allem die jetzt ausgegliederte Material Science-Sparte ließ die Gewinne sprudeln. Ihr Ergebnis explodierte binnen eines Jahres um nahezu 90 Prozent.
Einige Experten sehen Deutschlands wertvollsten Börsenwert auch als zu hoch bewertet an. Das Analysehaus Jefferies hat Bayer unter anderem deswegen von „Buy“ auf „hold“ abgestuft und das Kursziel gesenkt. Es gäbe kaum Spielraum für Wertsteigerungen, schrieb Analyst Jeffrey Holford in einer Studie. Speziell der Wettbewerbsdruck auf „Crop-Science“ soll steigen; das ist einer seiner Beweggründe zu Abstufung des Unternehmens.
Doch auch hier scheinen die Weichen für die Zukunft gestellt, so dass das Bayer Kreuz nicht nur auf der Brust des in vielen Sportarten überaus erfolgreichen Sportvereins Bayer Leverkusen, am bekanntesten durch seine in der Champions League spielende Fußballmannschaft, mit Stolz getragen werden kann. Champions League und Bayer – das passt einfach. VAL