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Benoît Coeuré: Kapitaler Fehler

Ein Informationsvorsprung von zehn Stunden bedeutet in der Investmentwelt die Chance auf enorme Gewinne. Banker und Hedgefondsmanager, die vergangenen Montag Abend einer privaten Einladung des Brevan Howard Centre for Financial Analysis ins Londoner Berkeley Hotel gefolgt waren, nutzten sie.

BÖRSE am Sonntag

Ein Informationsvorsprung von zehn Stunden bedeutet in der Investmentwelt die Chance auf enorme Gewinne. Banker und Hedgefondsmanager, die vergangenen Montag Abend einer privaten Einladung des Brevan Howard Centre for Financial Analysis ins Londoner Berkeley Hotel gefolgt waren, nutzten sie.

EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré, eigentlich zu Vorsicht und Neutralität verpflichtet, informierte den erlesenen Kreis über die Absicht der Währungshüter, die für Juli und August geplanten Anleihekäufe wegen des geringen Handelsvolumens im Sommer vorzuziehen. Erst am nächsten Morgen verteilte die EZB Coeurés brisanten Redetext an Journalisten. Doch da hatten sich die Börsenprofis schon entsprechend positioniert und profitierten von steigenden DAX- und Anleihekursen sowie einem deutlich schwächer tendierenden Euro. Für die EZB ist der Vorgang nur ein Kommunikationsfehler. Fraglich, ob diese Erklärung reichen wird. Schon wird spekuliert, ob Coeuré den Hut nehmen muss. In Internetforen wird der Vorfall jedenfalls als ein Fall von Insiderhandels bewertet.

Für die Frankfurter Währungshüter wäre Coeurés Rücktritt trotz des möglichen Fehltritts ein herber Verlust. Der 47-Jährige zählt zu Europas Top-Wirtschaftswissenschaftlern. 2005 wurde er zum besten französischen Nachwuchsökonom nominiert. In zahlreichen Aufsätzen und Büchern setzte sich Coeuré mit hochkomplexen Fragestellungen auseinander. Seine Brillianz ermöglichte ihm eine steile Karriere innerhalb des französischen Schatzamts, 2006 avancierte er zum Generaldirektor des Trésor puplic, der wohl mächtigsten Staatsbehörde Frankreichs. Immer wieder wirkte Coeure auch an der Vorbereitung von G-7 oder G-20 Treffen mit. Der Mann ist also gut vernetzt. Sollte er die EZB gezwungenermaßen verlassen, muss er sich wohl keine finanziellen Sorgen machen. Vielleicht bietet ihm ja auch Spekulant George Soros einen Posten an. Der war an dem besagten Abend auch dabei.