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Börsen ignorieren Referendum – wird Italien jetzt abgehängt?

Die Börsen können Feuerwerk, auch ohne Rom. Die Bürger Italiens haben das Referendum über die Verfassungsänderung abgelehnt, mit deren Hilfe Ministerpräsident Matteo Renzi das Land mobiler und flexibler gestalten wollte. Renzi hat sofort nach der Abstimmung seinen Rücktritt angekündigt. Anlegern droht nun Ungemach, und zwar nicht nur in Italien, sondern zumindest im gesamten Euroraum. Die Kursgewinne zum Wochenauftakt sollten darüber nicht hinwegtäuschen.

BÖRSE am Sonntag

Die Bürger Italiens haben das Referendum über die Verfassungsänderung abgelehnt, mit deren Hilfe Ministerpräsident Matteo Renzi das Land mobiler und flexibler gestalten wollte. Renzi hat sofort nach der Abstimmung seinen Rücktritt angekündigt. Anlegern droht nun Ungemach, und zwar nicht nur in Italien, sondern zumindest im gesamten Euroraum. Die Kursgewinne zum Wochenauftakt sollten darüber nicht hinwegtäuschen.

Das Ergebnis der Nachwahlbefragung war eben erst bekannt, da reagierte der Euro bereits. Im frühen Handel in Japan sackte er blitzschnell unter die Marke von 1,06 US-Dollar. Dies ist ein sicheres Zeichen dafür, wie relevant die Abstimmung in Italien ist. Für den Wochenauftakt sollten Anleger und Investoren ein paar Schokoladenplätzchen bereithalten, die im Advent ja gut verfügbar sind: Schokolade stärkt die Nerven. Zwar haben die Börsen die Woche nach dem Referendum fast schon demonstrativ freundlich eröffnet, aber einige Bankwerte, so zum Beispiel Banca Intesa Saopaolo, schmieren deutlich ab. Die deutschen Bankwerte werden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen.

Bereits um 23 Uhr am Sonntagabend war eigentlich alles klar: Die Italiener haben die von Ministerpräsident Renzi angestoßene Verfassungsreform abgelehnt. Deutlich über 50 Prozent stimmten gegen die neue Regelung, maximal 45 Prozent votierten dafür. Das ist eindeutig. Ministerpräsident Matteo Renzi tritt zurück. Das kündigte er am frühen Montagmorgen kurz nach Mitternacht an.

Renzi übernahm die volle politische Verantwortung für das Scheitern des Reformvorhabens. Nun droht Italien eine Regierungskrise, denn der sozialdemokratische Regierungschef hatte die Befragung zur Abstimmung über die Zukunft seiner Regierung erhoben. Formell ging es heute lediglich um die Zusammensetzung und Kompetenzverteilung der zwei Kammern des römischen Parlaments.

Experten erwarten Marktturbulenzen

Ziel der Reform war es, die häufigen Regierungswechsel in Italien und die langwierigen Prozesse im Gesetzgebungsverfahren zu beenden. Zusätzlich war vorgesehen, dass die Regionen eine Reihe von Kompetenzen an Rom abgeben, etwa um Infrastrukturprojekte zu beschleunigen. Die 110 Provinzen als Verwaltungseinheit zwischen Regionen und Kommunen sollten abgeschafft werden.

Nach dem Nein der Italiener zur Verfassungsreform erwartet Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn zunächst keine drastischen Folgen für die Europäische Union. „Ich sehe keine Niederlage für Europa“, sagte Asselborn am späten Sonntagabend. „Italien hat über eine Reform abgestimmt. Es wäre falsch, das jetzt auf die europäische Ebene zu ziehen. Das war eine innenpolitische Auseinandersetzung.“ Allerdings befürchtet er Turbulenzen für den Euro, sollte es in Italien eine längere Phase der Unsicherheit geben. „Für den Euro wäre es schlecht, wenn sich die Regierungskrise lange hinzöge“, sagte er. Er rechne mit einer raschen Lösung.

Die Rechtspopulisten von der Fünf-Sterne-bewegung undf der Lega Nord feiern sich bereits als Sieger des Referendums. Wenn sich die Prognosen bewahrheiten sollten, sei es ein Sieg des Volkes gegen die starken Mächte, sagte Parteichef Matteo Salvini. Roms neue Bürgermeisterin Virginia Raggi stimmte ebefalls öffentlichkeitswirksam mit Nein. „#IchSageNein und Ihr?“, schrieb die 38-jährige Politikerin der oppositionellen Fünf-Sterne-Bewegung am Wahlsonntag in einem Internet-Forum.