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Alibaba-Aktie unter Druck

Die Alibaba-Aktie kämpft seit Monaten mit dem Abwärtstrend. Von den träumerischen Höhen im letzten Jahr ist das Papier meilenweit entfernt. Entscheidend ist nun: Bleibt der Fokus von Alibaba auf China, oder wird der Konzern zum Global Player?

BÖRSE am Sonntag

Alibaba-Kunden sollen in Bälde online mit einem Lächeln bezahlen. Statt eines Passwortes soll eine Webcam reichen, der Kunde soll erfreut werden. Smile to Pay nennt der chinesische E-Commerce-Riese diese neue Scan-Bezahlmethode. Besonders viel zu lächeln gab es für Alibaba-Aktionäre in der jüngsten Vergangenheit aber nicht. Seit ein paar Monaten zeigt der Trendpfeil nach unten.

Die schlechte Performance des Hoffnungsträgers der chinesischen Online-Branche hat gleich mehrere Gründe – durchaus bedenkliche Gründe übrigens. Ein zentrales Problem ergibt sich aus den hohen Erwartungen aller Beteiligten. Die Alibaba Group wurde schon vor ihrem IPO so mit Lorbeeren zugedeckt wie es ein junges und weitgehend international unerfahrenes Unternehmen kaum vertragen kann. Die Folge war ein schwacher erster Monat an der Börse. Danach startete das Wertpapier aber bis Mitte November durch auf bis zu 92,68 Euro. Seitdem geht es tendenziell stark bergab. Aktuell steht die Aktie bei knapp 77 Euro. Unterm Strich war der Börsengang jedoch sehr wichtig und richtig für das Unternehmen. 25 Milliarden US-Dollar sammelte Alibaba durch den Verkauf von Aktien ein. So viel Geld wie noch kein Unternehmen zuvor. Mit diesem frischen Geld tätigte das Unternehmen von CEO Jonathan Lu einige Investitionen - die meisten blieben jedoch bisher erfolglos.

Starke Konkurrenz

Alibaba findet sich in einem starken Wettbewerb wieder, dessen sich wohl vor einiger Zeit keiner so bewusst war. Alibaba galt als glorreiches Powerunternehmen, als das erfolgreichste chinesische Unternehmen der letzten Jahre. Kurzum: Als der große Amazon-Konkurrent. Inzwischen haben andere chinesische Online-Unternehmen längst das Potential des E-Commerce-Zuges erkannt und wollen ebenfalls aufspringen. Sowohl der Messaging-Anbieter Tenecent als auch die große Suchmaschine Baidu bewegen sich inzwischen immer intensiver im Online-Handel. Und zwar mit großem Erfolg.

JD.com ist nach Alibaba die zweitgrößte E-Commerce-Firma in China und ist kürzlich eine wichtige strategische Partnerschaft eingegangen: Durch eine Kooperation mit eBay, möchte JD nun ein größeres Retailer-Netz schaffen und den Versand von Produkten außerhalb von China vereinfachen. Für das US-amerikanische Unternehmen ist diese Zusammenarbeit Gold wert, um Alibaba in Ostasien nicht komplett das Feld zu überlassen.

Fehlende Internationalität

Einst gründete Jack Ma die Unternehmung Alibaba aus einer globalisierten Laune heraus. Der Kosmopolit wollte auch einfachen chinesischen Kunden die Tür zu Anbietern und damit Produkten aus aller Welt ermöglichen. Heute stellt sich das allseits bewunderte Unternehmen als überwiegend nationales Geschäft heraus. Nur sieben Prozent des Umsatzes erwirtschaftet Alibaba außerhalb von China. Beim amerikanischen Pendant Amazon sind es 40 Prozent außerhalb der USA. Das Unternehmen hat sich im Laufe der Jahre eine hohe Märktekenntnis und Expertise angeeignet, um in verschiedenen Ländern sehr spezialisiert zu verkaufen.

Der chinesische Markt wird unter Ökonomen stets gesondert betrachtet. Er ist an sich schon so groß, eigenwillig, hochpotent und längst nicht ausgeschöpft. Eigentlich müsste Alibaba also nicht die Grenzen des Reichs der Mitte überqueren, aber ihr Anspruch und die Vision des Gründers ist eben eine andere. Und daran muss sich der Online-Riese messen lassen.

Goldgräberstimmung in der Webapotheke

Gute Medizin, um wieder auf die Beine zu kommen, könnte für Alibaba eine Lockerung im Medikamentenhandel sein. Bald will die chinesische Regierung den Handel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten auch für den Online-Markt öffnen. Alibaba will sich diese Möglichkeit wohl nicht entgehen lassen und stärkte in dieser Woche sein Tochterunternehmen Alibaba Health in einem 2,5 Milliarden US-Dollar-Deal. Das Unternehmen ist selbst an der Börse in Hongkong notiert und legte infolge des angekündigten Geschäftes 80 Prozent an Wert zu.  Laut einer Studie des Marktforschungsinstitutes Analysys International, sollen sich die chinesischen Pharmazie-Umsätze im Internet bis 2017 mehr als verdoppelt haben. Auf rund 5,5 Milliarden Euro. Bisher konnten Chinesen nur rezeptfreie Arzneimittel im Internet bestellen. Die alternde Bevölkerung und stark wachsende IT-Infrastruktur schaffen in den nächsten Jahren eine Konstellation, die eine Art Goldgräberstimmung unter den Web-Apothekern hervorruft.

Analysten haben sich von dieser Goldgräberstimmung zwar nicht anstecken lassen, sie sehen die Alibaba Group aber nach wie vor als ein positives Investment. Analyst Chen Chen von Pacific Crest Securities setzte das Kursziel auf umgerechnet 94 Euro. Er lobte einen positiven langfristigen Ausblick, äußerte sich aber negativ gegenüber einigen aktuellen Entwicklungen. So hätte es rufschädigende Unsicherheiten im Online-Lotto-Angebot gegeben und auch die Fixkosten seien gestiegen.

Immer wieder fällt Alibaba auch durch ein Thema auf, dass auf der Liste mit chinesischen Vorurteile ganz oben stehen dürfte: Fälschen. Die US-amerikanische Gesellschaft der Bekleidungs- und Schuhindustrie (AAFA) spricht von Milliarden an Umsatzverlusten und Prozesskosten wegen Markenfälschungen auf taobao.com, dem Online-Auktionshaus der Alibaba Group. Die Plattform Taobao steht kurz davor auf die schwarze Handelsliste der USA gesetzt zu werden. Die Alibaba Group versucht schon seit einiger Zeit mehr oder weniger konsequent die Fälscher aus dem Verkehr zu ziehen. Bei über sieben Millionen Händlern gestaltet sich die Suche nach den rufschädigenden Verursachern aber als schwierig.

Die Alibaba Group befindet sich in einer der kritischsten Phasen ihrer Unternehmensgeschichte. Vor ziemlich genau 16 Jahren wurde die Firma im ostchinesischen Hangzhou gegründet. Nun befindet sie sich an einem Punkt, an dem sich der weitere Weg maßgebend entscheidet. Wird Alibaba zum Global Player in der Online Welt oder bleibt der Fokus auf dem inzwischen hart umkämpften nationalen Geschäft. Alibaba hat den chinesischen E-Commerce-Markt längst nicht mehr für sich allein. Mitbewerber haben inzwischen in manchen Bereichen die Nase vorn. Dennoch hat die Alibaba Group in den letzten Jahren einen unfassbaren Wertzuwachs erlebt: Die Marktkapitalisierung beträgt heute über 200 Milliarden Euro. Jetzt gilt es die Wachstumsraten und die Wertschöpfung hochzuhalten. Denn dann werden auch die Aktionäre wieder strahlen wie der orange-weiße Alibaba im Firmenlogo.

WCW